Safer Sex kann vieles heißen: Wenn in „Mommy Is Coming“ kaum drei Minuten nach Filmbeginn schon ein Pistolenlauf in die Vagina der Hauptdarstellerin gleitet, wird vorher noch geschwind ein Präservativ darüber gezogen. Das Rollenspiel mit dem martialischen Dildo ist der Auftakt einer sonst ziemlich ungeschützten, queeren Pornofantasie, in der Begriffe von Femininität und Maskulinität, Femme und Butch in einen Wirbel gezogen werden, aus dem keine der lesbischen Figuren unverwandelt hervorgeht. „Mommy Is Coming“ fusioniert Bilder, die aus Beatriz Preciados „Kontrasexuellem Manifest“ stammen könnten, mit der schlichten Mechanik einer postromantischen Boulevardkomödie und beschwört dabei sehr berlinische Freiheitsgefühle. Das Gender-Bending reicht vom Drag-King-Bärtchen bis zu Transgender-Hardcore-Szenen. Und auch die gagaistische Neuinterpretation des Ödipus-/Elektrakomplexes im Finale multipliziert Grundsatzfragen auf zugleich krude und smarte Weise. Ein Spaß fürs aufgeschlossene Publikum, zu dem ein Gastauftritt von Berlinale-Panorama-Chef Wieland Speck beiträgt.
Text: Robert Weixlbaumer
Orte und Zeiten: „Mommy Is Coming“ im Kino in Berlin
tip-Bewertung: Annehmbar
Mommy Is Coming, USA/Deutschland 2012; Regie: Cheryl Dunye; Darsteller: Papi Coxxx (Claude), Lil Harlow (Dylan); 68 Minuten; FSK 18
Kinostart: 8. März