Shanghai, Ende der 80er-Jahre: Der junge Hobbyfotograf Xiaoli wächst bei seinem Opa auf, die Mutter hat sich in die USA abgesetzt. Der Großvater, alte Shanghaier Mittelschicht, von der Kulturrevolution schwer gebeutelt, streitet vergeblich für den Rückerhalt seiner ehedem enteigneten Besitztümer. Xiaoli fotografiert sich durch den Kosmos seines Shikumen-Viertels. Die von ihm hofierte Nachbarin Lanmi, die nur auf ihr eigenes Wohl bedacht ist und schließlich in die Prostitution abgleitet, ist sein häufigstes Motiv. Mit seiner Klassenkameradin Lili erlebt er derweil im Dunstkreis der Tiananmen-Ereignisse das leise Erwachen seiner politischen Leidenschaften.
„Shanghai Shimen Road“ ist ein ruhiger Film, der in wohlkomponierten Bildern den Wandel sowie Mentalitäten und Sehnsüchte im modernen China skizziert. Regisseur Haloun Shu erzählt von den Problemen der Adoleszenz, vom Verschwinden der traditionellen Wohnverhältnisse und vom Scheitern der chinesischen Studentenrevolte. Dabei zeigt er im Rekurs auf seine eigene Vergangenheit, dass der rechte Augenblick in der Liebe wie in der Geschichte zuweilen ungenutzt verstreicht.
Text: Christoph David Piorkowski
Foto: Kairos Film
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Shanghai Shimen Road“ im Kino in Berlin
Shanghai Shimen Road, ?China/Hongkong/Niederlande 2010; Regie: Haolun Shu; ?Dar-steller: Ewen Cheng (Xiaoli), Zhai Xufei (Lanmi), Lili Wang (Lili); 85 Minuten; FSK k. A.
?Kinostart: 13. März