Seinen Sinn für die Inszenierung ungefälliger Figuren in dysfunktionalen Familienumgebungen hat Ben Affleck als Regisseur von „Gone Baby Gone“ schon bravourös bewiesen. Wenn er nun in „The Town“ mit sich selbst als Hauptdarsteller einen Blick in die Bankräubermilieus von Charlestown, Boston wirft, verspricht das also zumindest gewisse Lebendigkeit. Tatsächlich bleiben die ausdrucksvollen Kriminellenfiguren von Jeremy Renner oder Pete Postlethwaite Afflecks größter Trumpf, während sein Genrestoff selbst einiges schuldig bleibt.
Als Gangster mit weichem Herz verliebt sich Affleck in eine ahnungslose Bankangestellte (Rebecca Hall), die er kurz zuvor mit seinen Komplizen als Geisel genommen hat. Dem Film verleiht diese Konstellation von Anfang an eine absurde, psychologisch schräge Note, ohne dass Affleck mehr als unpassende romantische Lösungen für die sich auftürmenden Probleme einfallen. Der Kitchensink-Realismus, den „The Town“ in den besten Momenten ausstellt, verliert sich zwischen soliden Actionsequenzen und unplausiblen Liebeshändeln, wohlfeiler Gewaltökonomie und Stockholm-Syndrom.
Text: Robert Weixlbaumer
tip-Bewertung: Zwiespältig
Orte und Zeiten: „The Town“ im Kino in Berlin
THE TOWN, USA 2010; Regie: Ben Affleck; Darsteller: Ben Affleck (Doug MacRay), Rebecca Hall (Claire), Jon Hamm (Agent Frawley); 120 Minuten
Kinostart: 23. September