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Ink of Yam

Das „Bizzart“ ist eines der ältesten Tattoo-Studios in Jerusalem. Tausende von Bildern und Zeichen wurden hier schon gestochen, aber wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt so viele mit religiösen Motiven wie in diesem Studio, das 1993 von Daniel Bulitchev und Poko Haim eröffnet wurde. Der Laden der beiden Russen ist der beste Beweis dafür, dass Religionen friedlich nebeneinander koexistieren können – im Schmerz auf der Tätowierbank vereint.

Foto: JiP

Dabei vertragen sich Tätowierungen und die Vorschriften der Weltreligionen dazu eigentlich überhaupt nicht, aber gerade in Jerusalem ignorieren immer mehr junge Gläubige jeder Couleur diese Gebote. Seine Tattoos aber zum Beispiel dem streng orthodox-jüdischen Vater zu zeigen, das hat sich Roi bisher nicht getraut. Er ist einer der Kunden des „Bizzart“, die in dem Dokumentarfilm „Ink of Yam“ von Tom Fröhlich porträtiert werden. Sie erzählen aus ihrem Leben und von ihren Motivationen für die Tattoos, während sie unter den Nadeln von Daniel und Poko liegen und leiden. Den beiden Tätowierern kann man sich getrost anvertrauen, ihre Gelassenheit trägt den Film und gibt ihm einen entspannten Rhythmus.

Mit ihrer Gemütsruhe sind sie die idealen Beobachter dieser Stadt, in der fast jeder Bewohner – angeblich glauben 99 Prozent aller Jerusalemer an „einen“ Gott – in seiner eigenen religiösen Lebenswelt existiert. Eine Hassliebe zur Stadt bleibt da nicht aus, und gerade deshalb ist dieses Tattoo-Studio für viele auch ein Ort der Katharsis. Warum aber Jerusalem trotz aller Konflikte so eine große Faszination ausübt, wird nur vage angedeutet. Dafür geht Tom Fröhlich in seinem Erstlingsfilm dramaturgisch dann doch sehr auf Nummer sicher. Für einen Filmhochschul-Abschlussfilm ist „Ink of Yam“ aber eine reife Leistung.

Ink of Yam: D 2017, 75 Min., R: Tom Fröhlich, Start: 9.5.

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