Die beiden Filme über „Monsieur Claude“ waren wohl auch deswegen so erfolgreich, weil sie bei aller Vielfalt der Hautfarben und Kulturen doch vor allem das klassische, ländliche Frankreich ins Zentrum rückten – also die Landschaften, in denen die populistische Rechte ihre politischen Erfolge holt. Der konservative Grundton von „Monsieur Claude“ ist nun auch in der Auskopplung „Made in China“ zu spüren
François hat ein Problem. Wenn er bei einer Wohnung läutet, bekommt er manchmal zur Antwort: „Wir haben nichts bestellt.“ Dabei ist er doch zu der Party eingeladen, die drinnen läuft. Das Problem hat mit dem äußeren Anschein zu tun. François ist Franzose, sieht aber aus wie ein Chinese. Und in gewisser Weise ist er ja auch einer: Seine Familie stammt aus China, inzwischen leben aber drei Generationen in Europa, und Francois legt großen Wert darauf, dass er als Europäer wahrgenommen wird. Er meidet deswegen auch den 13. Bezirk in Paris, denn dort leben besonders viele Asiaten.
Die Geschichte von François hat eine Pointe darin, dass der Schauspieler Frédéric Chau inzwischen weltbeühmt ist. Denn er spielte die Rolle des Chao Ling in „Monsieur Claude und seine Töchter“ und in der kürzlich herausgekommenen Fortsetzung. Schon dort waren die Probleme die gleichen: Chao Ling fühlt sich als waschechter Franzose, wird aber aufgrund seines Äußeren nicht als solcher wahr- und schon gar nicht für voll genommen.
Die Komödie „Made in China“ von Julien Abraham macht also einfach dort weiter, wo „Monsieur Claude“ schon so erfolgreich die Klischees hochleben ließ, um sie dann doch ein wenig auseinanderzunehmen. Von Chao Ling zu François ist es nur eine namentliche Veränderung, allerdings eine programmatische: Noch französischer geht nicht.
Multikulti-Komödien leben gut von dem Paradoxon, dass viele Immigranten sich nach Kräften assimilieren wollen, während die „Einheimischen“ alles Exotische lieben. Das gibt Reibungsenergie in beide Richtungen.
François lebt mit Sophie zusammen, die beiden haben ein typisches Mittelschichtleben. Als Sophie schwanger wird, steht bald auch die Frage im Raum, wie das Kind heißen könnte. Tao? Der Vorschlag seiner Partnerin macht François ganz nervös. Für ihn sollte das Kind am besten ein Françoisissimus werden, doch diesen Namen für den französischsten aller Franzosen gibt es nicht.
Die beiden Filme über „Monsieur Claude“ waren wohl auch deswegen so erfolgreich, weil sie bei aller Vielfalt der Hautfarben und Kulturen doch vor allem das klassische, ländliche Frankreich ins Zentrum rückten – also die Landschaften, in denen die populistische Rechte ihre politischen Erfolge holt. Der konservative Grundton von „Monsieur Claude“ ist nun auch in der Auskopplung „Made in China“ zu spüren. Und auf dieser Ebene wird der Film allmählich interessanter. Denn François nähert sich schließlich seiner Familie wieder an, und so erfahren wir in Ansätzen von Ereignissen, die eigentlich eine viel ausführlichere Erzählung verdient hätten.
Migrationsgeschichten sind nun einmal so etwas wie ein Kern menschlicher Erfahrung, und so deuten sich auch hier spannende Facetten an. Zum Beispiel das informelle Kreditsystem unter den Chinesen in Paris – ist das nun Schattenwirtschaft oder gelebte Solidarität?
„Made in China“ hat schließlich für die Differenzierungen, die einen wirklich guten Film machen würden, keine Zeit, weil eben wie schon in „Monsieur Claude“ das Schema abgearbeitet werden muss. Man kommt den Figuren nur so nahe, wie es ihre Funktion in dem Typenarrangement erlaubt. „Made in China“ ist ein perfektes Produkt, aber ein mittelmäßiger Film.
Made in China F 2019, 87 Min., R: Julien Abraham, D: Frédéric Chau, Medi Sadoun, Julie de Bona, Start: 18.7.