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Kein Film ohne sie: Diese Kino-Charaktere gehören zum Inventar

Ach, schön einen guten Film genießen und am Softdrink nuckeln. Es könnte so einfach sein, wären da nicht die immer gleichen Kino-Charaktere. Tollpatschige Konsummaschinen, erbarmungslose Spoilerkanonen oder schlabbernde Pärchen: Wer gerne ins Kino geht, kommt um diese Gestalten nicht herum. Noch schlimmer ist es für die Angestellten, die täglich mit den Kino-Charakteren konfrontiert werden. Die Erfahrungen, die unser Autor als Mitarbeiter zweier Berliner Filmtheater gemacht hat, verarbeitet er hier.


Die personifizierte Ungeduld

Dieser Kino-Charakter muss sofort in den Saal. Um jeden Preis. Foto: Imago/imagebroker

15 Minuten vorher ist Einlass, dann kommt erstmal Werbung, Trailer, Vorhang zu, Vorhang auf, kein Grund zur Hektik. Der Saal hat knapp 400 Plätze, 30 Tickets wurden verkauft. Doch schon eine Stunde vorher drängelt sich ein älterer Herr (oder eine ältere Frau, gelegentlich auch junge Leute) zum Ferienjobber vor, der gerade noch den letzten Einlass verarbeitet. Der Senior hat Schweißperlen im Gesicht, Sorgenfalten, hohen Puls: „Wann geht’s endlich los, ich warte schon seit zwei Stunden. Am Ende gibts kein Platz mehr für mich oder nur am Rand.“

Die personifizierte Ungeduld lässt sich nicht beruhigen, hätte sogar bei einer Privatvorstellung Panik. Teilweise fordert die Obsession sogar drastische Mittel. Immer lauter werdendes Stöhnen der Entrüstung, Ablenkungsmanöver, Vorbeischleichversuche oder Ich-müsste-mal-auf-die-Toilette-neben-dem-Kinosaal-Tricks. Für diesen Kino-Charakter ist ein sonntäglicher Kinobesuch kein Ausflug, sondern eine Mission.


Die Chaos-Profis

Leider das falsche Ticket gekauft. Chaos im Kino. Foto: Imago/Lisa F. Young/Design Pics

Falsche Uhrzeit, falscher Tag, falsche Woche, falscher Monat, falsche Vorstellung, falsches Ticket, falsches Kino, falsche Stadt. Ein Kinobesuch kann schon kompliziert sein. Es gibt so viel zu beachten, so viel zu verstehen. Da kann man schon mal was verwechseln. In Berlin gibt es dann auch noch so viele Fallen: Cineplex oder Cinestar, Delphi oder Delphi Lux, Yorck Kino oder Yorck Gruppe. Ein Herz und ein Ticketumtausch für Chaoten!


Kino-Charaktere: Die Konsummaschine

Die Konsummaschine hinterlässt ein Trümmerfeld aus Cola und Popcorn. Foto: Imago/NomadSoul/Panthermedia

Für die Konsummaschine ist das Popcorn wichtiger als der Film. Zwei Liter Cola, ein Cappuccino, Fläschchen Sekt und ein kleines Bier. Nachos, Schokoriegel, Erdnüsse, Weingummi und Gemüsechips. Schon vor dem Film wird leidenschaftlich gesnackt. Es raschelt, knistert, knuspert, knackt, zischt, ploppt und dann: Klirr! Glas zerspringt, Flasche rollt, Boden klebt. Kann passieren.

Zwei Minuten später landet auch noch die XXXXXL-Tüte Popcorn auf dem Boden. Tragisch. Aber auf solche Notfälle ist dieser genießende Kino-Charakter ja vorbereitet. Dann halt ran an die nächste Tüte. Wenn in der Werbung Eiscreme angekündigt wird, flitzt die Konsummaschine doch nochmal schnell ins Foyer. Am Ende bleibt ein Trümmerfeld unter und auf dem Kinositz zurück. Und der Duft vom gesamten Kinosortiment.


Die Schmuggler:innen

Um zu sparen, decken sich die Schmuggler:innen lieber im Supermarkt fürs Kino ein. Nicht nett. Foto: Imago/Ute Grabowsky/photothek.dex

Dieser Kino-Charakter ist die Sparfuchs-Version der Konsummaschine. Die Kinotickets sind eh schon zu teuer. Und dann noch Popcorn für fünf Euro? Auf keinen Fall. Den Rucksack aufgeschnallt und ab in den Supermarkt. Hier plündern die Schmuggler:innen die Regale, bis die Taschen aus allen Nähten platzen. Im Kino verhalten sie sich auffällig unauffällig. Schlendern zum Einlass, schauen sich die Plakate an. Ihr Handwerk ist wie Schwarzfahren. Mal funktioniert es, dann wieder nicht. „Damn it feels good to be a gangster!“ Leute, die einen Döner mit Zwiebeln und Knoblauchsauce im Kinosaal verdrücken, sind dann aber wirklich kriminell.


Die Stammkundschaft

Die Stammkundschaft gehört zum Kinoinventar. Foto: Imago/imagebroker

Es vergeht kein Tag ohne Mitglieder der Stammkundschaft. Die 70-jährigen Zwillingsschwestern, die im Foyer plaudernd Merlot trinken, das junge Pärchen aus England, das sich am liebsten deutsche Komödien mit Untertiteln anschaut, der Filmexperte, der gute Filme drei mal hintereinander genießt und gelegentlich auch nach zwei Minuten kopfschüttelnd die Vorstellung verlässt. Und natürlich all die tollen Leute, die längst zu Freund:innen des Personals und zum Inventar des Kinos geworden sind. Für die Stammkundschaft ist das Filmtheater nicht nur ein Ort zur Unterhaltung, sondern ein zweites Zuhause.


Kino-Charaktere: Die Marathon-Cineast:innen

„Hallo zwei Tickets für 14 Stunden Star Wars bitte.“ Foto: Imago/C. Hardt/Future Image

Der Herr der Ringe, Star Wars, Harry Potter: Keine Filmreihe ist zu lang für die Marathon-Cineast:innen. Mit genug Kaffee und spannenden Plots tauchen sie ein in andere Welten. Gerne auch in Verkleidung. Tag und Nacht in Mittelerde, auf Tatooine oder durch die Gänge von Hogwarts. Ambitionierte Binge-Watching-Events sind nur dank ihrer endlosen Filmliebe möglich. Nach 14 Stunden verlassen sie das Kino, ein Teil von ihnen bleibt jedoch für immer im Auenland.


Die Spoiler

Die Spoiler verderben allen den Spaß. Foto: Imago/YAY Images

„Ey, der stirbt am Ende!“ WTF. Noch bevor der Film losgeht, ist die Spannung schon raus. Die Spoiler sind besonders unangenehme Kino-Charaktere, denen es egal ist, anderen den Spaß zu verderben. Der krasseste Plot-Twist juckt niemanden mehr, wenn man darauf vorbereitet ist. Wer weiß, was passiert, sollte einfach leise sein und sich auf die Reaktionen im Kinosaal freuen.


Kino-Charaktere: Die Dates

Das Kino ist immer noch ein beliebter Ort für Dates. Foto: Imago/Kzenon/Panthermedia

Es mag wie ein Klischee erscheinen, doch den unauffälligen Arm-über-die-Schulter-Leger gibt es immer noch. Die Dunkelheit, ein romantischer Film, Popcorn teilen: Das Kino ist immer noch ein guter Ort, um sich auch ohne Worte näher zu kommen.


Die Liebenden

Selbst John Cleese kann nicht verhindern, was im Dunkeln passiert. Foto: Imago/Jens Koehler

Wenn das Date erfolgreich war, trifft man sich wieder und landet früher oder später wieder im Kino. Diesmal sind die Hemmungen jedoch gefallen und aus einem Arm auf der Schulter kann schnell mehr werden. Das kann schon ziemlich unangenehm sein für die anderen Leute im Kinosaal. Kommt zum Glück aber nicht zu häufig vor. Oder man bemerkt es zumindest nicht. Trotzdem schickt man Frischverliebte vielleicht lieber nicht auf den geheimen Rang oder die letzte Ecke des Filmtheaters. Was im Autokino abgeht, will man gar nicht erst wissen.


Kino-Charaktere: Die Technik-Fans

Die Technik-Fans wissen mehr als die Filmvorführer:innen, oder denken das zumindest. Foto: Imago/Bernd Friedel

„Zeigt das Kino den neuen Tarantino-Film wirklich auf 65 Millimetern im Format Ultra Panavision 70? Alles andere wäre ja eine Frechheit. Von Digital halte ich ja nicht so viel. Das muss man noch per Hand zusammenkleben. Was für Glühbirnen habt ihr? Energiesparend? Wie sieht’s mit der Alarmanlage aus? Ich persönliche habe ja meine Wohnung komplett abgesichert. Mein Ticket habe ich mir direkt mal aufs Handy gezogen, faszinierend. Jetzt wird das gescannt und auf geht’s.“ Ja, so sind sie: die superschlauen Technik-Fans…


Die Kinder

Noch scheint alles unter Kontrolle. Doch wie sieht der Saal nach der Vorstellung aus? Foto: Imago/MIS

Der Albtraum der Kinomitarbeiter:innen sind mehrere Kindergeburtstage in einer Vorstellung. Innerhalb kürzester Zeit kann die Situation eskalieren. Friedliches „Bibi und Tina“-Schauen entwickelt sich plötzlich zu einer erbarmungslosen Popcornschlacht. Klebrige Fanta dient als Geschütz, Geschrei, Gerangel, Ausnahmezustand. Im Dunkeln tun sich Abgründe auf. Und so manche Kinder verfügen über eine wahnsinnige Kreativität in Sachen Kinosaalverwüstung. Niemand möchte freiwillig dieses Trümmerfeld betreten, geschweige denn beseitigen. Nach der Vorstellung zieht eine arme Seele aus dem Team des Filmtheaters das kurze Streichholz und fängt an zu schrubben, während die anderen das Foyer verteidigen.


Kino-Charaktere: Die Schlusslichter

Die Schlusslichter bleiben bis zum bitteren Ende. Selbst wenn der Abspann 15 Minuten lang geht. Foto: Imago/Enters

Die Schlusslichter kriegen nie genug vom Kino. Filme unter 145 Minuten Spielzeit schauen sie sich gar nicht erst an. Das Ticket soll sich doch lohnen und die Sitze sind so herrlich gepolstert. Die Welt da draußen ist kalt, unfreundlich, hart. Die Geborgenheit des großen Saals aufzugeben wäre Wahnsinn. So bleiben die Sesselbesetzer bis zum bitteren Ende standhaft, während die Kinomitarbeiter:innen schon mit dem Besen zwischen ihren Beinen herumhantieren. Irgendwann flackert dann doch das gnadenlose Licht auf und es geht zurück in die Welt. Raus aus der warmen Umarmung des roten Bezugs.


Weitere Charaktere, die ihr immer trefft

Nicht nur im Kino gibt es interessante Charaktere, denen man andauernd über den Weg läuft. Klischees finden sich überall, und sicherlich habt ihr auch diese Figuren schon mal getroffen: 


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