Zukunftsangst

Der Lockdown und die Kinos: So steht es um die Zukunft der Branche

Corona-Infektionszahlen hoch – Kinos zu. Was bedeutet die erneute Schließung für die Kultur in Tagen der Pandemie? tipBerlin-Autor Lars Penning hat mit Berliner Betreiber*innen über die Zukunft der Kinos gesprochen.

Berlins Kinos sind im neuen Lockdown wieder geschlossen. Wir haben mit Berliner Kinobetreiber*innen über die Zukunft der Branche gesprochen. Foto: Yorck Kinogruppe

Als ich das letzte Mal für einen Text im tipBerlin mit einer Reihe von Berliner Kinobetreiber*innen sprach, drehte sich noch alles um die Frage, unter welchen Bedingungen die Kinos in der Corona-Pandemie wohl wieder eröffnen könnten. Die Gespräche handelten von Hygienekonzepten, von Förderbedingungen und der Angst, ob es bei einer Wiedereröffnung überhaupt Publikum geben würde. Das war im April. Seit Ende Juni durften die Berliner Kinos die Türen dann wieder aufschließen, und die Furcht erwies sich letztlich als unbegründet. Die Menschen wollten und wollen ins Kino. 

Denn es gab ein gutes Programm, das sehen auch die Kinobetreiber*innen so, trotz der  Mindereinnahmen, die sich nun einmal ergeben, wenn man nur jeden dritten oder vierten Platz verkaufen kann: „Die großen Filme haben gefehlt, da wurde viel verschoben oder auf Streaming-Plattformen gegeben. Doch es gab den Mut kleiner Verleiher, die diese Chance genutzt haben“, sagt etwa Christian Bräuer, Geschäftsführer der Yorck-Kinogruppe und Vorstandsvorsitzender der AG Kino, dem Verband der Filmkunsttheater.

„Wir hatten also trotzdem ein exzellentes Programm, das war nicht schlechter als im letzten Jahr. Vielleicht etwas weniger bekannt.“ Und auch Barbara Suhren, eine der Betreiber*innen des fsk-Kinos in Kreuzberg, meint: „Es ärgert mich, wenn die Leute sagen, es gebe ‚keine‘ Filme. Natürlich gibt es Filme, jede Menge sogar und durchaus sehenswerte. Es gibt momentan nur nicht die Blockbuster, die die Multiplexe brauchen.“

Zukunft der Kinos in Berlin: Kann das treue Kinopublikum die Branche retten?

Doch nun ist das alles schon wieder vorbei: Die Kinos mussten erneut schließen, wiederum als Teil der Strategie der Bundesregierung und der Länderchefs zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. In diese Situation sind die Lichtspieltheater allerdings unverschuldet gekommen: „Es ist weltweit nicht ein einziger Fall bekannt, bei dem ein Kino zu einem Infektionsherd wurde“, bestätigt auch Christian Bräuer. „Wir finden die erneute Schließung sehr schmerzhaft, weil es gerade gelungen war, ein kulturelles Angebot und eine kulturelle Vielfalt während der Pandemie sicherzustellen.“

Und Peter Latta, Betreiber des Bundesplatz-Kinos, ergänzt: „Das Hin und Her ist schwierig. Da gewöhnen sich die Leute langsam wieder daran, ins Kino gehen zu können, sie geben ihre Skepsis auf – und dann ist wieder alles geschlossen.“

Zukunft der Kinos: Den Wiedereröffnungstermin im Dezember hält niemand für realistisch

Bei der Frage nach den Zukunftsaussichten meint man die Gesprächspartner*innen selbst durch das Telefon deutlich mit den Achseln zucken zu sehen. Den noch im Raum stehenden Wiedereröffnungstermin am 1. Dezember hält niemand für sehr realistisch. Aufmachen würden alle gern so schnell wie möglich, denn dann könne man eben am besten an das anknüpfen, was man schon erreicht habe. Neue Förderkonzepte liegen bislang auch nicht auf dem Tisch.

„Wenn man uns ernst nimmt, dann sollte man schnell mit uns reden“, mahnt Christian Bräuer. „Etwa Alternativszenarien A, B, C vorstellen, damit wir die entsprechenden Planungsleistungen vornehmen können. Und man muss natürlich durch passgenaue Förderungen sicherstellen, dass die Kinos bis ins nächste Jahr hinein überleben können.“

Was momentan vor allem bleibt, ist die berechtigte Hoffnung auf die Treue der Kinozuschauer. „Geradezu rührend“ fand Peter Latta die guten Wünsche seines Publikums am Wochenende vor der erneuten Schließung. „Es war ein regelrechter Zuschauerstrom. Für uns war das eine Bestätigung.“ – „Alle wollten noch einmal ins Kino“, sagt auch Barbara Suhren. „Wir sind in der Auswahl der Filme ja sehr wählerisch. Aber wir haben ein Stammpublikum, das sehr treu dabei bleibt.“ Und auch die Yorck-Kinos waren voll, „Corona-ausverkauft“, wie Christian Bräuer sagt. „Am Wochenende war eine Stimmung wie bei der Berlinale. Die Leute wollten noch einen Film sehen, egal welchen. Dass das jetzt wieder abgewürgt wird, tut weh.“


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