Dokumentarfilm

„Marianne & Leonard“ im Kino

Die Geschichte der Liebe zwischen Leonard Cohen und Marianne Ihlen als
Porträt einer Boheme intellektueller Künstler in den 1960er Jahren

Aviva Layton

Es beginnt ein wenig morbid: mit dem Tod. Aber vielleicht passt das ja auch ganz gut zu Leonard Cohen, dem Denker und Interpreten dunkler Gedanken, dessen Popularität nicht zuletzt darauf beruht, dass das Publikum in seinen Songs stets den Trost findet, mit den eigenen düsteren Stimmungen nicht allein zu sein.

Cohens ehemalige Lebensgefährtin, die Norwegerin Marianne Ihlen, verstarb im Juli 2016 81-jährig an einer Leukämieerkrankung. Als sie das Ende nahen fühlte, bat sie darum, Cohen die entsprechende Nachricht zu überbringen. Der Sänger, bereits selbst an der gleichen Krankheit leidend, schickte ihr postwendend einen letzten berührenden Liebes- und Abschiedsgruß. Cohen verstarb rund drei Monate später.

Dem Dokumentarfilmer Nick Broomfield dienen Cohens Abschiedsworte als eine Art Klammer für seinen Film, der mit einer erstaunlichen Menge an privatem Film- und Fotomaterial aufwartet: als Manifest einer nie abgerissenen spirituellen Beziehung zwischen den einstigen Geliebten.

Offenbar war Marianne Ihle die perfekte Muse. Zunächst für ihren ersten Mann, den Schriftsteller Axel Jensen, mit dem sie 1957 auf die griechische Insel Hydra gezogen war, dann, nach der Trennung von Jensen, auch für den Kanadier Cohen, der seit 1960 dort lebte und damals versuchte, sich als Lyriker und Romanautor zu etablieren. Mit ihrer Bodenständigkeit sorgte Ihle für den reibungslosen Ablauf des Alltags und inspirierte Cohen nebenbei zu einer ganzen Reihe von Songs.

Broomfields Film ist aber vor allem auch deshalb interessant, weil er die Geschichte von Ihle und Cohen mit dem Porträt eines spezifischen Lebensgefühls der 60er-Jahre verbindet. Denn Hydra, das bedeutete für eine Bohème intellektueller Künstler die Utopie von Freiheit, den Ausbruch aus den Konventionen einer starren Gesellschaft. Man experimentierte mit Drogen, mit freier Liebe und offenen Beziehungen. Was den meisten Leuten nicht gut bekam. Auf der Strecke blieb auch Ihles Sohn aus erster Ehe, Axel jr., der auf Hydra aufwuchs, im Leben keinen Halt mehr fand und in einer psychiatrischen Klinik endete.

Marianne & Leonard USA 2019, 97 Min., R: Nick Broomfield, Start: 7.11.

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