Salon der Frauen – Syrien vor dem Krieg

Damaskus im Frühling 2011: Nahla arbeitet als Verkäuferin in einem Modegeschäft. Sie soll einen jungen Mann namens Samir heiraten, der mit seinen Eltern vor langer Zeit aus Syrien in die USA ausgewandert ist. Doch das Kennenlerngespräch überfordert den Hoffnungsträger, Nahla stellt sich sein Leben langweilig vor.
Viel interessanter ist für sie das, was in der Wohnung einen Stock über der eigenen vorgeht. Eine schöne, mysteriöse Frau lebt dort mit ihrem Sohn. Nahla beginnt, unter immer neuen Ausreden, regelmäßig nach oben zu gehen. So kann es ihr bald nicht mehr entgehen, dass Madame Jiji ein Bordell betreibt. Nahlas sexuelle Fantasien bekommen durch ihre Beobachtungen neue Nahrung, und so entfremdet sie sich nur noch weiter von ihrer Familie, von der Mutter und den beiden Schwestern. Von denen ist die eine stark politisiert, während die andere deutlich stärker nach dem Geschmack des täppischen Samir aus Amerika ist.
Gaya Jiji verbindet in „Mein liebster Stoff“ (wörtlich: „Mein bevorzugtes Gewebe“, im Original: „Mon tissu préféré“) zwei Aufbruchsbewegungen: die intime Initiation von Nahla, die von einem Traummann fantasiert und das mit Dessous-Stoffen verbindet, und die politische Bewegung in Syrien im Jahr 2011, die durch das Assad-Regime brutal unterdrückt und zugleich von den islamistischen Bewegungen gekapert wurde. Gaya Jijis Film überzeugt vor allem durch die kluge Zusammenführung der politischen und der erotischen Dimensionen in einem Salon der Frauen.
Mein liebster Stoff D/F/TK 2018, 94 Min., R: Gaya Jiji, D: Manal Issa, Ula Tabari, Souraya Baghdadi, Start: 10.1.