„Es war ein Traum, aber es war kein Traum.“ Das paradoxe Fazit, das die Mädchen Mei und Satsuki in Hayao Miyazakis Anime-Meisterwerk „Tonari no Totoro“ (Mein Nachbar Totoro, 1988) nach einem nächtlichen Abenteuer mit einem pelzigen Fantasiegeschöpf ziehen, könnte man als Motto über nahezu jeden Film des japanischen Zeichentrickregisseurs setzen. Denn seine Werke sind komplexe Fantasien von überbordendem Detailreichtum, die gleichwohl von einer sehr persönlichen, immanent zivilisationskritischen Sichtweise geprägt sind. Im Zeughauskino ergibt sich nun erstmals in Berlin die Möglichkeit, auch das Frühwerk Miyazakis in 35mm-Kopien auf der Leinwand zu erleben, darunter so wunderbare Filme wie die Kinderbuchverfilmung „Majo no Takkyubin“ (Kikis kleiner Lieferservice, 1989) und die postapokalyptische Öko-Fabel „Kaze no tani no Naushika“ (1984, Foto). Neben den faszinierenden, unabhängigen Frauenfiguren seiner Filme lassen sich dabei auch die liebenswerten Obsessionen des Meisters entdecken: kleine europäische Städte, grandiose Berglandschaften und retrofuturistische Flugmaschinen.
Text: Lars Penning
Hayao Miyazakis Reise ins Zauberland, Zeughauskino, Fr 13. bis So 22.11.