Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele: Rosa von Praunheims „Darkroom“
Wenn der schwule Kultregisseur Rosa von Praunheim, der bekanntermaßen keine Panik vor Penissen hat (sein neues Bilderbuch beschäftigt sich damit), einen Film mit dem Titel „Darkroom“ vorlegt, denkt man freilich direkt an einen Darkroom, in dem Männer anonymen Sex mit Männern haben. Tatsächlich aber geht es im neuen Spielfilm des 77-Jährigen vielmehr um den Darkroom der menschlichen Seele. Etwa wenn der schwule Referendar Lars, Ex-Krankenpfleger, Menschen mit einem Todescocktail aus Liquid Ecstasy und Alkohol zur Strecke bringt.
Lars könnte glücklich sein: Er hat einen einfühlsamen festen Freund; die beiden renovieren eine Berliner Wohnung und necken sich liebevoll. Das kontrastiert hart mit den (nicht chronologisch angelegten) Szenen später vor Gericht – und jenen, in denen Lars sich in der Zelle wiederholt das Leben nehmen will. Diese Szenen sind plötzlich sehr blutig – anders als die gezeigten Morde.
Man sollte bei Rosa von Praunheims Spielfilmen keine perfekt komponierten Bilder erwarten. Der Film lebt von seinem starken Hauptdarsteller (und Ensemblemitglied am Deutschen Theater Berlin): Božidar Kocevski. Wie es ihm gelingt, die zwei Seiten von Lars zu zusammenzubringen, den skrupellosen Mörder und den scheinbar liebevollen Freund – das ist eine große Leistung. Auch Katy Karrenbauer als knallharte Staatsanwältin ist eine Topbesetzung. Letztlich liefert der Spielfilm (mit kleinen pseudo-dokumentarischen „Interviews“), der lose auf einer wahren Berliner Begebenheit basiert, keine befriedigende Erklärung für Lars’ Taten: Der Darkroom bleibt eine Blackbox, aus der man nicht recht schlau wird – und mit der zu leben gerade deshalb so unheimlich ist.
Darkroom D 2019, 89 Min., R: Rosa von Praunheim, D: Bozidar Kocevski, Heiner Bomhard, Start: 30.1.