Die besseren Tage von Neu-Belgrad liegen, wenn es sie jemals gab, schon Jahrzehnte zurück. Heutzutage formen die Schluchten der Funktionalbauten nur noch einen trostlosen Vorort der serbischen Hauptstadt. Wer eine Perspektive für die Zukunft finden will, dem bleibt hier eigentlich nichts anderes übrig, als fortzugehen. Diesen Entschluss hat auch Anica (Anica Dobra) in „Liebe und andere Verbrechen“ gefasst, selbst wenn sie dafür vor ihrer Abreise ihren Partner, den Kleinkriminellenboss Milutin (Fedja Stojanovic), um sein Geld betrügen muss. Der Film folgt ihr durch ihren letzten Tag, zu einigen schwermütigen Abschieden, Begegnungen und einem Liebesbekenntnis, das alles ins Wanken bringt.
Auch wenn Regisseur Stefan Arsenijevic dabei einen Einblick in den schwierigen Wohnsilo-Alltag in der postkommunistischen Übergangsgesellschaft gibt, ist „Liebe und andere Verbrechen“ kein hartes Sozialdrama geworden. Mit spürbaren Sympathien für seine ambivalenten Figuren zeigt der Film den Aufbruch vielmehr mit gedämpfter Tragikomik: zwischen der Melancholie des Zurückblickens und einer unversehens aufkeimenden Liebesgeschichte mit einem überraschenden, metaphysischen Ende.
Text: Sascha Rettig
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Liebe und andere Verbechen“ im Kino in Berlin
Liebe und andere Verbrechen (Ljubav i drugi zlocini), Serbien/Deutschland/Österreich 2008; Regie: Stefan Arsenijevic; Darsteller: Anica Dobra (Anica), Vuk Kostic (Stanislav), Fedja Stojanovic (Milutin); Farbe, 101 Minuten
Kinostart: 17. September