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Sinema Transtopia: Berlins jüngstes Kino hat große Pläne

Das Sinema Transtopia im Wedding ist ein Berliner Kino mit frischen Ideen. Statt auf den Katalog aktueller Veröffentlichungen zurückzugreifen, kurartieren die Betreiber eher themenspezifisch, suchen Liebhaberprojekte und solche mit hoher gesellschaftlicher Relevanz. Was das genau bedeutet, warum das Kino nicht nur etwas für Filmnerds ist und welche Schwerpunkte euch demnächst im Sinema Transtopia erwarten, lest ihr hier.

Das Sinema Transtopia ist außerdem ein sehr gemütliches Kino. Foto: Sinema Transtopia/Marvin Girbig

Sinema Transtopia: Ein Neustart

Versteckt in Wedding in einem Innenhof eines alten Industriekomplexes findet sich ein Sinema (türkisch für „Kino“), eröffnet in einer Zeit, in der die Lockdowns weit zurückliegen, ihre Wirkung aber noch spürbar ist. So mussten etwa drei Berliner Kinos schließen. Das 68. Kino der Stadt ist nicht nur neu, sondern auch anders: Sinema Transtopia hat sich zum Ziel gesetzt, Filme zu zeigen, die sonst keinen Platz auf der großen Leinwand finden.

Am 14. Januar eröffneten die künstlerischen Leiter Malve Lippmann und Can Sungu das Sinema Transtopia vor einem Publikum aus multinationalen Filmliebhabern, hauseigenen Kuratoren und Filmemachern in einer familienfreundlichen Atmosphäre. Das Duo bezeichnet sein junges Kino als „Neustart“. Die Ursprünge liegen in bi’bak, einer gemeinnützigen Organisation, die sie 2014 in einem kleinen Projektraum im Soldiner Kiez in Wedding mitgegründet haben.

Im Jahr 2020 starteten Lippmann und Sungu die Beta-Version von Transtopia im Haus der Statistik am Alexanderplatz mit einem eklektischen Programm, das vom iranischen Kino vor 1979 bis zu FLINTA-Regisseuren aus Ost- und Südostasien reichte. Das Projekt erregte die Aufmerksamkeit von Berlinern, die Filme sehen und diskutieren wollten, die die globale Vertriebsmaschinerie weitgehend übersah.

Kino anders gedacht

Als ihr Mietvertrag auslief, fanden die beiden ein neues Zuhause im Haus C des Weddinger Industriekomplexes, in dem bereits Callie‘s Kunstresidenz und die angegliederte a.p. Buchhandlung unterkamen. Sie renovierten den Betonraum zu einem Kino mit 78 alten Jump-Seats, einer sechs Meter breiten Leinwand und einem Vorführraum, der für so ziemlich jedes Filmformat geeignet ist – einschließlich 16 Millimeter und 35 Millimeter. Das so entstandene Kino ist ein Altberliner Raum der alten Schule: An einer Bar im angrenzenden Foyer werden Bier und Cocktails zu Preisen angeboten, die an Zeiten erinnern, als Partys noch in Hinterhöfen und provisorischen Locations stattfanden, kurz: Sie sind bezahlbar.

Die Finanzierung durch den Berliner Senat und eine stattliche Anzahl öffentlicher Förderer soll in den nächsten fünf Jahren sichergestellt werden. Für Lippmann ist die öffentliche Förderung der einzige Weg, um eine echte Vielfalt im Kino zu bewahren. Sie bekennt sich zum Kino als gesellschaftliche Kunstform, die allen zugänglich ist und sich dem Mainstream-Kanon und seiner westlichen Agenda widersetzen kann. Doch hält das Kino Transtopia, was es verspricht?

Ja.

Das Programm umfasst alles, von kürzlich gefeierten BIPOC-Arthouse-Filmen wie „Saint Omer“ über Filme aus Afrika aus den 1990er-Jahren bis hin zu einer Diskussion über den kasachischen New-Wave-Film „Igla“, ebenfalls aus den 1990er-Jahren, die von dem renommierten Kollektiv Slav and Tatars geleitet wird.

Keine Sorge, im Foyer hängen nicht nur Snobs rum. Foto: Marvin Girbig

Im Februar gibt es zudem eine Auswahl von „zu selten gesehenen“ Filmen über den postkolonialen Rassismus im Frankreich der 1970er- bis 1980er-Jahre; im März eine Reflexion über die Filme der Einwanderer in Schweden und Westdeutschland.

Lippmann und Sungu bezeichnen Sinema Transtopia als „Experiment“: Nur die Zeit – und vielleicht künftige Förderentscheidungen des Senats – werden zeigen, ob ihr Optimismus und ihre Vision ausreichen, um die Liste der in Berlin gezeigten Filme zu verändern. Fürs Erste sollten wir uns zurücklehnen und die Show genießen.

  • Sinema Transtopia Lindower Str. 20, Wedding, Karten kosten 6 €, alle Filme beginnen um 20 Uhr, mehr Infos hier

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