In seinen ersten Bildern findet „Songs of Love and Hate“ ein treffendes Bild für die Pubertät: Bei der Arbeitspause im Weinberg streut die Winzertochter Lilli Salz auf eine Nacktschnecke und beobachtet zusammen mit ihrer Schwester, wie sich das Tier, seiner Schleimschicht beraubt, in Todesqualen windet. Ob es ein Männchen oder Weibchen war, fragen sich die Mädchen – eine Frage, die nun, da auch bei ihnen die neutralisierende Schutzhaut der Kindlichkeit verschwindet, ihre Welt- und Selbstwahrnehmung bestimmt. Die Stärke des Films von Katalin Gödrös ist es, aus dem genau beobachteten Setting eines Schweizer Weinbauerndorfes heraus eine robuste Symbolsprache zu entwickeln und über diese perspektivische Dopplung den dunklen Kontinent der Sexualität in seinem Schrecken und seiner Verheißung zu erkunden. Dass der Film seine Erzählhandlung bis ins Extrem führen kann, ohne an Plausibilität einzubüßen, liegt aber vor allem an der Qualität der Schauspieler, an der bodenständigen Virilität von Jeroen Willems als Vater und der somnambulen Sinnlichkeit von Sarah Horvбth als Lilli.
Text: Stella Donata Haag
Foto: Missing Films
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Songs Of Love And Hate“ im Kino in Berlin
Songs of Love and Hate, Schweiz 2010; Regie: Katalin Gödrös; Darsteller: Jeroen Willems (Rico), Ursina Lardi (Anna), Sarah Horvбth (Lilli); 89 Minuten; FSK k.A.
Kinostart: 17. November