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„Der Palast“ Staffel 1: Zwillinge im Ost-West-Konflikt

Die ZDF-Serie „Der Palast“ im ZDF erzählt von Zwillingsschwestern im Ost-West-Systemkonflikt im Setting einer DDR-Vorzeigebühne: des Revuetheaters Friedrichstadt-Palast. tipBerlin-Autor Frank Arnold hat die erste Staffel gesehen.

„Der Palast“: Die bei der Geburt getrennten Ost-West-Zwillinge Chris und Marlene (beide: Svenja Jung) finden sich auf der größten Revuebühne der Welt wieder. Foto: ZDF und Julia Terjung

„Der Palast“: Eine zufällige Begegnung im Friedrichstadtpalast

Ein Mann macht sich mit seinem Baby des Nachts aus dem Staub, die Mutter sieht nur doch die Rücklichter des Wagens. Was wie ein Fall von Kindesentführung aussieht (und auch ist), wird verkompliziert durch die historische Situation. Wir schreiben das Jahr 1961, das Geschehen trägt sich zu in Ost-Berlin, unmittelbar vor dem Mauerbau.

27 Jahre später fährt Marlene im Auftrag ihres Vaters, der in Bamberg das Familienunternehmen führt, in die Hauptstadt der DDR, um mit Vertretern des Außenhandelsministeriums ein Geschäft abzuwickeln. Von den Geschäftspartnern zu einer Show in den Friedrichstadtpalast eingeladen, entdeckt sie unter den Tänzerinnen eine Frau, die ihr aufs Haar gleicht.

„Der Palast“: eine deutsch-deutsche Familiengeschichte“

Showtime im Palast: Chris (Svenja Jung, l.) und Bettina (Luise Befort, r.) geben alles. Foto: ZDF und Julia Terjung

„Der Palast“, eine erstmals als Event-Dreiteiler ausgestrahlte Serie, mit der Regisseur Uli Edel und die Drehbuchautorin Rodica Doehnert ihre bei „Das Adlon“ erprobte Zusammenarbeit fortsetzen, hat sich viel vorgenommen: „eine deutsch-deutsche Familiengeschichte“ (so der Untertitel) zu  erzählen, aber auch „das größte Revuetheater in ganz Europa“ (wie es gleich zu Beginn heißt) zu würdigen. „Historische Inhalte, so bin ich überzeugt“, sagt die Autorin, „müssen in einen universalen menschlichen Plot gebunden werden. Die Erzählung wird bigger than life und eröffnet einen Raum für unsere innere und äußere Veränderung.“

Dafür bedient sie sich bei Erich Kästners Kinderbuchklassiker „Das doppelte Lottchen“. Die beiden Zwillingsschwestern, einmal zusammengekommen, tauschen ihre Rollen, die Tänzerin Chris fährt in den Westen, um ihren Vater kennenzulernen, während Marlene Kontakt zu ihrer Mutter sucht. Rückblenden enthüllen das Familiendrama. Der Weststudent Roland hatte sich in die Oststudentin Rosa verliebt und drängte sie, mit ihm in den Westen zu kommen, „in die Freiheit“. Mit der Entführung von Marlene hoffte er, Tatsachen zu schaffen, so dass Rosa ihm mit Chris folgen würde. Doch dann wurde die Mauer gebaut. Weder Rosa noch Roland haben ihren Töchtern je die Wahrheit gesagt.

„Der Palast“: Da darf man schon mal die Taschentücher rausholen

„Der Palast“: Die Tänzerin Bettina Wilke (Luise Befort) hat große Pläne und wird zur ernsthaften Konkurrenz für Chris. Foto: ZDF und Julia Terjung

Wenn eine Ost-West-Familiengeschichte kurz vor dem Ende der DDR spielt, weiß man, womit sie endet: die Mauer fällt und die einst auseinandergerissene Familie findet wieder zusammen – gegen die Emotionen, die die Fernsehbilder vom Fall der Mauer auslösen, kommt nichts an. Da darf man schon mal die Taschentücher rausholen. Wer vor allem etwas vom Friedrichstadt-Palast sehen wollte, dürfte vielleicht ein wenig unbefriedigt sein – obwohl die wenigen Shownummern schon hinreißend sind, zumal wenn 32 Tänzerinnen in perfekter Formation nebeneinander die Treppe heruntertanzen.

Dazu gibt es die üblichen Rivalitäten um die Rolle der Solotänzerin und die Parteifunktionäre, die fragen, ob die Show denn auch den Vorstellungen des „sozialistischen Menschenbildes“ entspricht. Hauptdarstellerin Svenja Jung, die ihr Tanztalent im Kino in „Fly“ zeigen durfte, brilliert in der Doppelrolle, umgeben von einem professionellen Ensemble (Heino Ferch mit langem Haar ist allerdings mal wieder gewöhnungsbedürftig).

  • Der Palast D2021; Staffel 1: 6 x 45 Min; R: Uli Edel; D: Svenja Jung, Anja Kling, Heino Ferch, Luise Befort,Hannes Wegener
  • In der ZDF-Mediathek bis 18.3.2025

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