Eine Geschichte über das Gute im Menschen. Zwar braucht es dafür auch eine Figur, von der Bedrohung ausgeht. Doch Scherfig geht über eine vage Chiffre nicht hinaus
Ein spontaner Urlaub in Manhattan: So verkauft Clara ihren beiden Jungen die Flucht vor dem Ehemann und Vater. In Manhattan sind Clara (Zoe Kazan), Anthony und Jude mehr oder weniger obdachlos, denn bald schon ist das Auto abgeschleppt, und irgendwann funktioniert auch Claras Trick nicht mehr, in einem gestohlenen Kleid bei Festen unbekannter Menschen die Kaviar-Teigtaschen zu entwenden. Die Tage lassen sich in der Public Library gut rumbringen, aber die Nächte werden zunehmend ein Problem. Zum Glück gibt es die „Kindness of Strangers“, von der Lone Scherfig erzählt: das „Entgegenkommen von Fremden“.
Es zählt zu den elementaren Erfahrungen in einer großen Stadt, dass einander unentwegt Menschen begegnen, die nichts miteinander zu tun haben. Das ist das eigentliche Thema Scherfigs: Sie spinnt ein Netz von Beziehungen zwischen Unbekannten. Als latent utopischen Gemeinschaftsraum zeichnet sie dabei ein russisches Restaurant, in dem die Fäden zusammenlaufen. „The Kindness of Strangers“ ist eine Geschichte über das Gute im Menschen. Zwar braucht es dafür auch eine Figur, von der Bedrohung ausgeht. Doch Scherfig geht über eine vage Chiffre nicht hinaus. Zu übermächtig scheint der Wunsch, Manhattan zu einer Hauptstadt der Menschenfreundlichkeit zu machen. „The Kindness of Strangers“ könnte ein großer Film über New York sein, erweist sich aber vor allem als idealistische Gesellschaftsfantasie vor geläufiger Hochhauskulisse.
The Kindness of Strangers – Kleine Wunder unter Fremden DK/CDN/F/S/D 2019, 115 Min., R: Lone Scherfig, D: Zoe Kazan, Andrea Riseborough, Tahar Rahim, Caleb Landry Jones, Start: 12.12.