Verzweifelter Kontakt zum Sohn im Chat: Goliath96
Katja Riemann ist eine gute Schauspielerin, die man gerne viel öfter in anspruchsvollen Arthousefilmen wie diesem sehen möchte (obwohl sie die Kleber-schnüffelnde Schuldirektorin, gespielt im Publikums-Hit „Fack ju Goethe“, auch draufhat). In diesem Drama spielt sie Kristin Dibelius, eine Frau um die 50. Und in deren Leben stimmt etwas so ganz und gar nicht, und das hat nicht nur damit zu tun, dass Kristin kürzlich arbeitslos geworden ist. Es stellt sich heraus: Obwohl ihr erwachsener Sohn David (Nils Rovira-Muñoz) immer noch in der Wohnung der Mutter lebt, hat er seit zwei Jahren (!) kein Wort mehr mit Kristin gewechselt und vermeidet jeglichen Kontakt. Alles, was die Mama zu tun hat, ist, Tiefkühlpizza bereitzuhalten.
Vor lauter Verzweiflung wagt Kristin eine Finte: David ist in einem Onlinechat zum Thema Flugdrachenbau aktiv, also meldet sie sich dort inkognito an und nimmt Kontakt zu „Goliath96“ auf. Und wirklich: Immer näher kommen sich die beiden in den Chats. Bis David seine „Brieffreundin“ persönlich kennenlernen will …
Marcus Richardt erzählt in seinem Langfilmdebüt von einer komplexen Mutter-Sohn-Beziehung und deutet in Rückblenden an, wie es soweit kommen konnte – die glückliche Familie ist beim Flugdrachenspiel am Meer zu sehen. Irgendwann wechselt das intensive Familiendrama die Perspektive und erzählt seine Geschichte auch aus der Sicht Davids; seine Motivationen sind ja mindestens so spannend wie die der Mutter. Martin Schwarz
Goliath96 D 2018, 90 Min., R: Marcus Richardt, D: Katja Riemann, Nils Rovira-Muñoz, Elisa Schlott, Jasmin Tabatabai, Start: 18.4.