Lukas schäkert mit Verkäuferinnen, während er lächelnd eine SMS an seine Freundin tippt. Zwischendurch kanzelt er auch mal die Verlobte seines Bruders aufgrund ihrer Körpermaße ab oder beurteilt die Bewohner eines Vorstadtsilos lapidar als „Voll-Asis“. Es fällt nicht gerade leicht, so einen Blödmann zu mögen. Mutig also, dass Jungregisseur Bartosz Werner ihn dennoch ins Zentrum seines Films rückt.
Man betrachtet den Jüngling denn auch weniger einfühlend, als eher mit dem wachsenden Interesse an einem Studienobjekt. Neben einem gestylten Körper und latenter (Zu-)Schlagkraft ist es vor allem eine ausgeprägte Erwartungshaltung, die ihn auszeichnet. Für selbstverständlich hält Lukas alles und jeden: Ob das die allzeit bereite Freundin mit hübscher Wohnung ist oder die sportliche Familie, die im Zweifel das Konto auffüllt und Praktika checkt.
Der Film vermittelt das „Easy Going“-Lebensgefühl seines Protagonisten mit genauem Blick. Dessen wachsweiche Welt ge-
rät auch prompt ins Wanken, als die Freundin aufgrund einer nicht ungefährlichen Geschlechtskrankheit ins Krankenhaus muss – und Lukas als Beistand völlig versagt. Die Brüche im System werden nun immer offenbarer, genauso wie die sonderbare Bereitschaft der Familie, den Egotrip des Sohns stets zu beflügeln. Zur Eskalation führt endlich ein Familienstreit beim Abendessen, als erstmals Fragen zu einem überkommenen machohaften Männerbild aufkommen. Statt aber die von Lukas angestoßenen Themen zu klären, wird die Konfrontation auf Familienart „gelöst“ – mit Fäusten.
Für die Leere, in die sein Antiheld taumelt, findet der Film oft eindringliche Bilder: So, wenn Lukas auf dem Balkon seiner Hochhauswohnung in die Tiefe stiert, an der Schwelle zwischen Aggression und Autoaggression. Nach seinem Debütfilm „Preußisch Gangstar“ über eine Gruppe Vorstadtjugendlicher im Niemandsland vor Berlin gelingt Bartosz Werner erneut ein bemerkenswert authentisches Jugendporträt.
Text: Ulrike Rechel
tip-Bewertung: Sehenswert
Orte und Zeiten: „Unkraut im Paradies“ im Kino in Berlin
Unkraut im Paradies, Deutschland 2009; Regie: Bartosz Werner; Darsteller: Remo Schulze (Lukas), Klara Manzel (Meike), Christian Rudolf (Vater); 88 Minuten
Kinostart: 22. Juli