Klirrende Glasflaschen, laute Motoren, Schnee unter robustem Schuhwerk, säuselnde Männer und zankende Frauen – so klingt das russische Provinzstädtchen Schiguljowsk. Viele Kilometer entfernt hingegen lockt Moskau. Die Hauptstadt ist der Sehnsuchtsort der 22-jährigen Valya. Moskau verheißt Ruhm, Reichtum und eine Musik, zu der sich möglicherweise tanzen ließe. Weg aus der Fabrik, mit ihrem Schnapsgestank und der hässlichen Arbeitskleidung, weg von der Mutter, die plötzlich nach dem eigenen Glück sucht, zum Teufel mit all den saufenden, schlagenden Kerlen und letztlich auch weg vom eigenen Kind, das Valya eigentlich nie wollte. Regisseur Jerzy Sladkowski würfelt in „Vodka Factory“ Elemente aus Scripted Reality und Dokumentarfilm munter durcheinander und demonstriert auf diese Weise nicht nur die Kunst des perfekten Timings mitsamt passender Großaufnahme, sondern hinterlässt auch ein mulmiges Gefühl. Man wünschte sich einerseits, der talentlose Möchtegern-Shootingstar Valya spielte nur, äußerst überzeugend, eine Rolle. Dann wäre es in Schiguljowsk vielleicht doch nicht so schlimm. Andererseits ist es gerade Sladkowskis Methode, die frösteln macht.
Text: Carolin Weidner
Foto: Wojciech Staron, the DoP of the film
tip-Bewertung: Annehmbar
Orte und Zeiten: „Vodka Factory“ im Kino in Berlin
Vodka Factory, Schweden/Polen/Frankreich 2010; Regie: Jerzy Sladkowski; 90 Minuten; FSK k.A.
Kinostart: 25. Oktober