• Kino & Stream
  • „Wie die Liebe geht“ will die Zeit selbst die Geschichte erzählen lassen

Berliner Original

„Wie die Liebe geht“ will die Zeit selbst die Geschichte erzählen lassen

Die filmische Langzeitbeobachtung „Wie die Liebe geht“ begleitet vier Paare über sieben Jahre hinweg. Die Regisseurinnen Judith Keil und Antje Kruska machen seit den 1990ern gemeinsam Dokumentarfilme. tipBerlin-Filmkritiker Bert Rebhandl hat das Regie-Duo zum Start ihres neuen Films getroffen.

Eines der Paare im Film „Wie die Liebe geht“. Foto: Real Fiction Filmverleih

„Wie die Liebe geht“ ist ein Film über echte Beziehungen

Über die Liebe weiß die Wissenschaft inzwischen ganz gut Bescheid. Die Entscheidung, ob es zwischen zwei Menschen was werden kann, fällt ja angeblich meist in wenigen Sekunden. Da aber niemand ständig Schmetterlinge im Bauch haben will, zeigt sich der Charakter der Liebe auf der Strecke. Das Glück ist eben auch bis zu einem gewissen Grad Arbeit. Die beiden Dokumentarfilmerinnen Judith Keil und Antje Kruska begannen 2014 mit einer Langzeitbeobachtung: „Wie die Liebe geht“ erzählt von vier Paaren. Vier mal zwei Schicksale, vier mal zwei Hoffnungen auf lebenslange Partnerschaft. Zum Beispiel Benni und Nici, bei denen schon in jungen Jahren sehr viel passiert: eine Doktorarbeit, zwei Kinder. Mit ihrer tränenreichen Hochzeit begann für Keil und Kruska damals das Projekt, für das sie schließlich bis 2023 gedreht haben. Mit sieben Paaren ging es los, mit vier Paaren gingen sie über die Ziellinie.

„Wir sind ja selbst auch alle diesem Fluss ausgesetzt, wir wollten die Zeit selbst die Geschichte erzählen lassen“, so erinnert sich Judith Keil an die ursprüngliche Motivation. Seit Mitte der 90er Jahre macht sie gemeinsam mit Antje Kruska Filme, die beiden sind ein Team, ein künstlerisches Paar. Wir treffen uns in einem Café in der Bergmannstraße, und sprechen darüber, wie man Menschen findet, sie sich bereit finden, sehr intimen Zugang zu ihrem Leben zu geben. Wer Dokumentarfilme macht, lernt ohnehin unausweichlich, dem Zufall zu vertrauen. So auch in diesem Fall. „Ein bisschen war auch die Filmförderung Schmied des Schicksals“, so Antje Kruska. Es gab Geld aus Bremen und Nordrhein-Westfalen, also gibt es nun jeweils ein Paar von dort, dazu zwei aus Berlin, wo auch die beiden Filmemacherinnen leben.

Das Regisseurinnen-Duo Judith Keil und Antje Kruska arbeitet seit den 90ern zusammen. Foto: Harry Schnitger; Keil/Kruska

Als Kruska auf einer Party den Fotografen Louis traf, war das Verbindende zuerst einmal ein Interesse an Kameraarbeit. Er erzählte aber auch sehr viel von seiner Partnerin Michi, einer Schauspielerin, und bald wurde klar, dass die beiden eine Bereicherung für den Film sein würden. Denn sie leben in einer offenen Beziehung. „Dieses Modell wird auch in unserem Umfeld und generell in Berlin zunehmend mehr gelebt, deswegen waren wir sehr froh, dass Louis und Michi mitgemacht haben“, so Kruska. Es passiert viel in den knapp zweieinviertel Stunden, und nicht alle Beziehungen halten über die sieben Jahre durch. Aber das gehört dazu. „Die Liebe ist eine Baustelle“ sollte der Film einmal heißen. Nicht jede Beziehung wird ein Haus.

Die Regisseurinnen von „Wie die Liebe geht“ studierten zusammen bei Regisseur Andres Veiel

Judith Keil und Antje Kruska kamen beide bald nach der Wende nach Berlin, beide aus Kleinstädten, die eine aus Bayern, die andere aus der Gegend von Dortmund. Sie trafen einander 1996 in einem Seminar über Dokumentarfilm, das Andres Veiel an der FU im Bereich Soziologie gab. Sein Film „Die Überlebenden“ wurde für Kruska zu einem Schlüsselerlebnis: „Krass, so was würde ich so gern selbst auch machen.“ Judith Keil stieß ein wenig später hinzu, von der HU, wo sie Kulturwissenschaften bei Christina von Braun studierte – und schon filmisch arbeitete. Beide übernahmen dann Assistenzen bei Veiel, und bald bekamen sie ihren ersten eigenen Film finanziert: „Ausfahrt Ost“, über eine Autobahnraststätte. Seither sind sie in der Szene präsent, und haben im Lauf der Jahre ein spannendes Gesamtwerk geschaffen.

Wie sehr sich Berlin in all den Jahren verändert hat, ist ihnen natürlich auch nicht entgangen. Antje Kruska erinnert sich, wie sie zum ersten Mal den Kottbusser Damm entlang fuhr auf einem Fahrrad. „Ich habe innerlich gejubelt darüber, wie vielgesichtig das war, wie viele Kulturen sich da zeigten. Mit Mitte 20 ist man auch gut gepolstert, denn traurige und harte Momente gab es sicher damals auch schon.“ Auch heute, so Judith Keil, bietet „die Stadt immer noch Geschichten und Inspirationen an jeder Ecke“. Beide kommen aus einer Zeit, als man an die Uni ging, um „das Leben zu studieren“ (Antje Kruska). Und das haben sie seither gemacht, und mit der Langzeitbeobachtung „Wie die Liebe geht“ haben sie sich jetzt habilitiert.

  • Wie die Liebe geht D 2024; 153 Min.; R: Judith Keil, Antje Kruska; Kinostart: 14.2.

Mehr zum Thema

Hier wird blutig gemordet und selbstironisch gestorben: „Companion – Die perfekte Begleitung“ ist eine Sci-Fi-Horrorkomödie. Mehr weiblichen Orgasmus wagen: So ist „Babygirl“ mit Nicole Kidman. „Dark“-Star Lisa Vicari über die (Quasi-)-Berghain-Serie „The Next Level“: „Ich bin nicht die allergrößte Raverin“. Es ist nicht mehr weit bis zur Berlinale 2025 – alles Wichtige zum Programm. Der Wettbewerb hält diesmal viele Überraschungen bereit: Diese Filme konkurrieren auf der 75. Berlinale um den Goldenen Bären. Mit hochkarätiger deutscher Besetzung: Das ist die Berlinale-Jury 2025. Was läuft sonst gerade? Hier ist das aktuelle Kinoprogramm für Berlin. Mehr aus der Filmwelt lest ihr in unserer Kino-Rubrik.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin