Filme über schreibende Menschen tappen leicht in die Falle der Illustration: jedes Bild wird dann zur Veranschaulichung von Text. Im Falle von „Wo ich wohne“, einem Film von Christine Nagel über die große österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger, überlagern sich Bild und Text die ganze Zeit auf eine letztlich wieder geheimnisvolle Weise. Im Zentrum steht eine Erzählung, ein vertracktes Stück unrealistischer Literatur, die rein auf Vorstellungskraft zielt. Diesen Text „Wo ich wohne“ verfilmt Christine Nagel so, dass er zu einem Leitmotiv diskreter Biographie wird, mit Interviewpassagen, Briefausschnitten, Fotografien und mit Super-8-Material, das Ilse Aichinger selbst gedreht hat. So entsteht ein dichter filmischer Text über die Möglichkeit, sich in einer Stadt, in einem Werk, in Bildern zu verstecken oder sich zumindest (auch einer grausamen Geschichte) zu entziehen.
Text: rfd
Foto: Film Kino Text
Orte und Zeiten: „Wo ich wohne – Ein Film für Ilse Aichinger“ im Kino in Berlin
Wo ich wohne – Ein Film für Ilse Aichinger, Österreich 2014; Regie: Christine Nagel; 81 Min.
Kinostart: Do, 04. Dezember 2014