Vor Kurzem waren Black Lips in Indien, wo sie für den dortigen Geschmack unangenehm aufgefallen sind. Berichten zufolge habe sich Sänger Cole Alexander nackt ins Publikum geworfen und mit anderen Bandmitgliedern herumgezüngelt, als er wieder auf der Bühne war. Auf solche Aktionen reagierten einige Konzertbesucher mit Flaschenwürfen. Der Veranstalter konnte sich das irgendwann nicht mehr mit ansehen und rief die Polizei. Da war die Band aber längst über den Notausgang ausgebüxt und im Reisebüro.
Die Geschichte liest sich im ersten Augenblick spektakulär, aber man muss sich schon fragen, was der gemeine Inder eigentlich erwartet hat. Black Lips sind nämlich auch in ihrer amerikanischen Heimat nicht für regelkonformes Verhalten bekannt. In mehreren Clubs erhielten sie Hausverbot, weil sie sich dort entblößt, an sich herumgefummelt, Feuerwerkskörper abgebrannt oder Körperflüssigkeiten jedweder Art versprüht hatten. Sie haben in Tijuana ein Live-Album mit Huren als „Bühnendekoration“ aufgenommen. Und ihre Songs tragen Titel, zu denen man sich seinen Teil denken kann: „Sea Of Blasphemy“, „Feeling Gay“, „Punk Slime“, „Hippie Hippie Hoorah“, um nur einige zu nennen.
Unweigerlich fühlt man sich an ungezogene Jungs erinnert. An die Hard-Ons zum Beispiel wegen des infantilen Benehmens. An die Stooges natürlich wegen der Lautstärke. Gelegentlich aber auch an die Beach Boys oder Doo-Wop-Bands wegen der Gesangsharmonien. Beharrlich weigert sich die Band, professioneller zu werden. Seit 2002 klingen Black Lips wie eine wilde Teenagerbande, die permanent aus der Dreckshöhle gekrochen kommt und der Welt mit Lo-Fi-Garagenrock einen Streich spielt. Wir werden unseren Spaß haben.
Text: Thomas Weiland
The Black Lips
im Festsaal Kreuzberg, Mo 17.8., 21 Uhr