Drei Buchstaben, die in dieser Reihenfolge zunächst keinen Sinn ergeben, am Ende aber eine ganz banale Bedeutung haben: IRM ist die französische Abkürzung für das in Deutschland gebräuchliche MRT, das in der Medizin übliche Verfahren zur Abbildung von Knochen und Organen im Körper. Nun erwartet man von einer Charlotte Gainsbourg sicher alles, nur keinen trockenen Terminus technicus wie diesen. Aber das Schicksal hatte ihr vor zwei Jahren übel mitgespielt. Nach einem Unfall beim Wasserskilaufen musste sie wegen einer Gehirnblutung operiert werden. Danach hatte sie genügend Zeit, um über Ideen für ein neues Album zu sinnieren.
Interessant ist „IRM“ natürlich aus ganz anderen Gründen. Schon nach wenigen Stücken ahnt man, dass es dieser einzigartigen Person gelungen ist, sich endlich einmal aus dem Schatten ihres Übervaters Serge Gainsbourg zu befreien. Schauspielerisch gesehen ist das schon lange kein Thema mehr. Dem vorausgegangenen Album „5:55“ aber merkte man den Einfluss von „Histoire de Melody Nelson“ noch deutlich an. Dieses Mal hat Charlotte fast ausschließlich mit Beck in Los Angeles zusammengearbeitet, was ihr hörbar auf die Sprünge half. In „Master’s Hands“ etwa finden exotisch klöppelnde Trommeln und federleichter Sprechgesang wie von selbst zueinander. Schon fühlt man sich an Pop-Exzentrikerin Danielle Dax und gar nicht mehr an den großen Serge erinnert. Bei der Entstehung des Titelsongs hatte Beck wohl die Exil-Französin Lizzy Mercier Descloux im Kopf. Der altmodische Beat und die schrillen Maschinengeräusche weisen auf die Ära der New Wave hin.
„Le Chat Du Cafй Des Artistes“ hat dann schon etwas von Papa, aber die Streicherarrangements von David Campbell geben dem Ganzen einen sehr gruseligen Touch, der die Atmosphäre in den Filmen „Lemminge“ und „Antichrist“ nachzuempfinden scheint, in denen Charlotte zu sehen war.
Nahezu alles auf diesem Album wirkt stimmig und spannend. Deshalb muss schon die Frage erlaubt sein: Hat der zuletzt etwas schwächelnde Beck hier eine neue Muse gefunden?
Text: Thomas Weiland
tip-Bewertung: Hörenswert
Charlotte Gainsbourg, IRM (Because/Warner Music)