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Kommentar

In Berliner Clubs Tanzen dank PCR-Test: Warum das Konzept nicht fruchtet

Ein Pilotprojekt zeigt, dass feiern in Berliner Clubs trotz Corona funktionieren kann. Dass es möglich ist, auf Social Distancing und Masken zu verzichten. Dass sich Fremde auf Tanzflächen anhauchen und anschließend auf Toilette verschwinden können. Sex zwischen vollgepinkelten Klobrillen und Klopapierfetzen, herrlich! Lediglich ein PCR-Test unmittelbar vor dem Ausflug ins Abenteuerland der Erwachsenen wäre dafür nötig. Für schmerzende Nasen bieten dubiose Besucher:innen sowieso Betäubungsmittel. Alles wunderbar. Leider ist da dieses fiese kleine Wörtchen „Wenn“. Wenn die PCR-Tests nicht so teuer, eine Testung wiederum nicht so unangenehm wäre, könnten alle Berliner Clubs wieder öffnen. So wie es aber heute ist, würden nur die Großen profitieren.

Wäre doch schön, wenn dieses Bild wieder zum Club-Alltag gehört. Foto: Jascha Müller-Guthof

Ein „ideales“ Pilotprojekt für Tanz und Spaß in Berliner Clubs

Kurzer Rückblick: Vom 6.-8. August führten Senatskulturverwaltung, Clubcommission und die Charité auf Basis von PCR-Tests Indoor-Clubnächte in sechs Clubs durch, etwa im Kitkat und der Wilden Renate. Freiwillige mussten sich vorher dem berüchtigten Stäbchen stellen. Negatives Ergebnis gleich freies Geleit. Logisch. Eine Woche später folgte ein Nachtest. Infektionen wurden keine nachgewiesen. Die Clubkultur ist gerettet.

Ganz so einfach ist das nicht.

Eine Finanzspritze immunisierte die Clubs vor anfallenden Kosten, um beim Pandemiedeutsch zu bleiben. Ein PCR-Test kostet rund 50 Euro. Kostenfrei wird er nur unter besonderen Bedingungen, etwa bei einem positiven Schnelltest. Das Pilotprojekt lief unter idealen Bedingungen ab. Fallen diese weg, müssen andere für die Tests zahlen. Stellt sich die Frage, wer.

Theoretisch wären es die Besucher:innen, wollen doch gerade sie bedenkenlos Spaß haben, das Nachtleben genießen, ohne um ihre Gesundheit zu fürchten. Ein paar werden dafür wohl Geld übrig haben, nur wären das wohl vor allem diejenigen, die finanziell ohnehin besser ausgestattet sind, überspitzt: das Pearl- und Maxxim-Klientel. Kleinere, günstigere Clubs dürften viele von ihnen kaum aufsuchen. Ihr Publikum wiederum hätte vielleicht nicht das Geld übrig, um auf Getränke und Eintritt nochmal einen guten Fuffi zu zahlen.

Feiern mit PCR-Test? Rettung nur für die Großen

Andersherum, also wenn die Clubs die PCR-Tests zahlen, würden ebenfalls nur die größeren, einnahmestarken Häuserprofitieren. Sie heben Getränke- und Eintrittspreise an, um die Ausgaben auszugleichen. Ein paar Besucher:innen könnten sich da zwar mokieren, die meisten nähmen das jedoch wohl schulterzuckend hin. Zögen die Kleineren gleich, hätte das wohl eine etwas heftigere Wirkung. Natürlich spricht ihr Charme für sie, dass sie günstig sind, aber eben auch. Viele von ihnen leben von einem studentischen oder Azubi-Publikum. Von Menschen, die Ende des Monats ihre Taler zählen.

Nicht für Tanzveranstaltungen zu öffnen, hilft ihnen allerdings genauso wenig. Einnahmen gibt es dann keine, gerade in den kalten Monaten, wenn Outdoor-Angebote weniger Anklang finden. Es ist eine schwierige Situation, eine, die sich bisher nicht optimal lösen lässt. Und natürlich ist es bitter, einem Lichtblick seine Leuchtkraft zu nehmen. Doch Realismus schlägt Naivität häufig solange, bis ihre Augen zuschwellen.

Trotzdem: Dürften Clubs (ohne Tanzverbot) wieder öffnen und Gäste, sofern PCR-getestet, empfangen, könnte es eventuell auch gut ausgehen. Kleine wie auch große profitieren gleichermaßen. Niemand muss schließen. Einen Versuch wäre es wert, was hätten Clubbetreiber:innen auch für eine Wahl?


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Auch ohne PCR-Testpflicht könnt ihr verantwortungsvoll feiern. Spannende Tipps zu Clubs und Konzerten findet ihr hier. Leider zieht die Pandemie nicht spurlos an der Clubkultur vorbei. Wie es um die Berliner Clubs steht, erfahrt ihr hier. Außerdem erzählt unsere Autorin hier, warum sie das Tanzverbot ungerecht findet.

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