Clubs sind Energiefresser. Klimawandel, der nahende Winter, astronomische Energiepreise: Ansporn, klimafreundlicher zu werden, gibt es eigentlich genug. Doch die Clubs haben kein Geld für Investitionen und damit auch wenig Möglichkeiten, um Energie zu sparen.
Clubs und Energie: Für Investitionen ist kein Geld da
Los geht’s auf einen kurzen imaginären Ausflug in einen Berliner Club: Immer wieder aufflackerndes rotierendes Licht streift einen aus allen Richtungen, in allen Farben, manchmal blitzendes Stroboskop. Die kraftvolle Vibration von Bässen fährt in hunderte Körper, dazu durchdringende Vocals in einer Lautstärke von ungefähr 100 Dezibel. Menschen warten vor Bars, dahinter stehen brummende Kühlschränke für kalte Getränke. Lüftungsanlagen pumpen gute Luft mit genug Sauerstoff in die Räume, bullernde Heizungen sorgen für eine Temperatur, die es erlaubt, sich auszuziehen.
Clubs sind Abenteuerspielplätze für Erwachsene – allerdings nicht solche, die, einmal aufgebaut, bereitstehen, wie jene für Kinder mit Hängebrücken und langen Rutschen. Die Spielplätze der Erwachsenen verbrauchen, wenn sie klein sind und bis zu 300 Personen fassen, an einem Wochenende so viel Strom wie ein Single-Haushalt pro Jahr.
Diesen Vergleich bringen immer wieder der Berliner Verein Clubliebe und der BUND Berlin. Beide werben seit 2021 bei Clubs für eine Selbsterklärung, mit der diese sich selbst zu mehr Nachhaltigkeit und Energieeffizienz verpflichten können. Seit August gibt es für Clubs in ganz Deutschland die Möglichkeit, bei der Initiative, „Zukunft Feiern“ heißt sie, mitzumachen. In Hamburg können Clubs die Nachhaltigkeitserklärung bereits seit März unterzeichnen, zuletzt hatten auch einige Clubs in Köln Interesse angemeldet. In Berlin haben bislang nur sieben Clubs und Tanzbars die Erklärung unterzeichnet, einer davon, die Rummels Bucht, musste inzwischen schließen.
Die bundesweite Initiative kommt zu einem interessanten Zeitpunkt. Wenn es vorher angesichts von globaler Erwärmung dringlich war, dass auch Clubs ihre Emissionen reduzieren, ist das jetzt, vor einem Winter mit Krieg in Europa und astronomischen Energiepreisen, erst recht der Fall. Nur: Wie soll das gehen? Denn nachhaltiger zu werden bedeutet immer auch: Investitionen – im Fall von Clubs in LED-Lichtanlagen, sparsame Kühlschränke, wassersparende Toiletten. Clubliebe bietet mit dem Projekt Clubtopia an, Clubs auf ihrem Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten und aufzuzeigen, wo besonders viel CO2 mit wenig Geld eingespart werden kann. Allerdings ist es ganz ohne finanzielle Mittel nun doch nicht möglich, die in der Selbsterklärung festgelegten Ziele einzuhalten.
„Investionen sind bei den meisten Clubs gerade nicht drin, dafür gibt es keine Rücklagen“, sagt der Pressesprecher der Clubcommission, Lutz Leichsenring. Im Gegenteil: Die gesamte Branche habe noch mit Nachwirkungen der vergangenen Lockdowns zu kämpfen. Obendrein steht der Herbst mit bedrohlichen Corona-Prognosen vor der Tür. Nicht unwahrscheinlich, dass mit dem neuen Infektionsschutzgesetz am 1. Oktober auch eine Testpflicht für Clubs kommt – und damit eine weitere finanzielle Belastung.
Es ist eine fiese Zwickmühle, in der sich die Clubkultur befindet, das erkennt auch Hanna Mauksch vom Verein Clubliebe an. Sie drängt trotzdem darauf, dass Clubs die kostenlose Energieberatung in Anspruch nehmen, die ihr Verein anbietet. Wege, etwas fürs Klima zu tun, gebe es immer. Clubs könnten immer ihre Strahlkraft nutzen um zum Beispiel Werbung für Klimapetitionen und Demos zu machen. Clubliebe e.V. arbeite außerdem an einer bundesweiten Forderung an die Politik, damit Clubs Unterstützung dabei bekommen, ihren Betrieb klimafreundlicher zu machen. „Clubs können und sollten sich dem anschließen“, sagt sie.
Das SchwuZ hat schon lange alle Kühlschränke ausgetauscht
Ein Club, der schon viel weiter ist als die meisten anderen, ist das SchwuZ. Es ist einer von den Clubs, die die Selbsterklärung unterzeichnet haben. Angefangen, den Betrieb nachhaltiger zu gestalten, hat das SchwuZ allerdings schon lange, bevor es die Initiative von Clubliebe e.V. gab – nämlich vor zehn Jahren, als es nach Neukölln gezogen ist. Der Club hat alle Kühlschränke ausgetauscht, komplett auf LED-Beleuchtung umgestellt und nutzt wasserfreie Pissoirs. Er bezieht Ökostrom, schickt Azubis und Mitarbeiter:innen regelmäßig zu Nachhaltigkeitsworkshops, arbeitet schon lange plastikfrei.
Die Wärme, die beim Tanzen entsteht, nutzt das SchwuZ mit einer Rückkopplungsanlage zum Heizen und das Eis für die Getränke entsteht vor Ort. In Zukunft will der Club sogar eine Tanzfläche, die Strom erzeugt, anschaffen – und einen Wärmespeicher, der zukünftig die Kita heizen soll, die gerade dort entsteht. Auch die kostenlose Energieberatung von Clubtopia hat das Team genutzt.
„Es kommt uns jetzt zugute, dass wir schon so früh angefangen haben, den Betrieb nachhaltiger zu machen“, sagt Florian Winkler-Schwarz, einer der beiden Geschäftsführer des SchwuZ. „Trotzdem wissen wir nicht, wie der Herbst wird.“ Winkler-Schwarz rechnet im kommenden Winter mit Preissteigerungen von 40 Prozent.
Das Beispiel des SchwuZ zeigt: Es lohnt sich, beim Projekt mitzumachen. Und es zeigt, dass vor allem diejenigen, die noch nicht so weit sind, Unterstützung vom Staat brauchen – beim Umbau hin zu mehr Nachhaltigkeit und im kommenden Winter.
Lust, weiter zu stöbern? Immer neue Geschichten rund um die Berliner Clubkultur gibt’s hier. Wie inklusiv sind Berliner Partys eigentlich? Nicht allzu sehr – außer die Spaceship im Mensch Meier. Wer schon mal in Berlin feiern war, weiß: Was hier in Clubs auf den Toiletten abgeht, ist beispiellos. Klischees sind verkürzt und pauschalisierend. Aber auch auf Berliner Dancefloors trifft man Klischee-Typen, die wirklich nerven. Übrigens: Immer donnerstags verrät unser Club-Update, wo was am Wochenende geht.