Kommentar

Nuke Club soll plötzlich ausziehen: Mehr Zeit nach Intervention der Politik

Es gibt Hoffnung für den Nuke Club! Am 17. Juni hatte der einzige große Gothic-, Rock- und Metalclub Berlins die Kündigung seines Mietvertrags von der Eigentümerin S Immo erhalten. Und das mit einer extrem kurzen Frist von sechs Wochen. Nun signalisierte der Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft in Deutschland, Robert Neumüller, am Montag im Gespräch mit den Betreiber:innen, dass er bereit sei, den Mietvertrag zu verlängern. Ein wenig.

Der Nuke Club ist der einzige große Club für Metal- und Goth-Fans.
Der Nuke Club ist der einzige große Club für Metal- und Goth-Fans. Hier spielt die Metal-Band Kora Winter. Foto: Imago/Björn Draws

Nuke Club folgte dem K17 – Mietvertrag für Zwischennutzung

Schon seit mehreren Jahren lebte der Nuke Club auf dünnem Eis. Als Tino Zaddach und Nicola Stolte den Club im Dezember 2017 übernahmen, stand er vor der Insolvenz und hatte einen Namenswechsel hinter sich: Das K17 war seit 1999 bekannt für seine legendären Konzerte für die Gothic- und Metalszene, aber auch für seine einzigartigen Partys. Von Anfang an war klar, dass der Club nur unter der Auflage, eine Zwischennutzung zu sein, weiterlaufen könne, und mit einem Mietvertrag mit einer unerhört kurzen Kündigungsfrist von sechs Wochen. Nicola Stolte und Tino Zaddach entschieden sich trotzdem dafür.

Das Nuke unter Zaddach und Stolte führte die Tradition des K17 weiter, auf drei Dancefloors, auf denen je Gothic, Metal und alles mögliche von Pop bis Rap laufen. „Schon mal zu Britney Spears‘ „Toxic“ neben Goths abgetanzt? Oder mit einem Metalhead zusammen zu Lady Gaga die Seele ausdem Leib gebrüllt? Nuke macht’s möglich“, schreiben Stolte und Zaddach in einem Brief an die S Immo, auf den zuerst keine Reaktion kam, ganz, als hätten es die S Immo angesichts der Machtverhältnisse nicht nötig.

Jeder verdrängte Club ist eine Katastrophe für Berlin und der Nuke Club erst recht

Den Nuke Club trifft nun dasselbe Schicksal wie unzählige Clubs vor ihm, die zu Gunsten von Büros, Eigentumswohnungen oder hohen Mieten weichen mussten: die Maria am Ostbahnhof, das Ostgut, der Farbfernseher, die Liste könnte ewig weitergehen. Jeder verdrängte Club ist eine Katastrophe für Berlin und ohne Frage hat Techno die Stadt geprägt wie keine andere Musikrichtung. Das Nuke aber ist ein besonderes Juwel in der Berliner Clublandschaft – gerade weil dort keine elektronische Musik läuft, weil es Berlin diverser macht, weil dort eine Szene zu Hause ist, die sich von all den Raver:innen unterscheidet.

Bei letzteren wiederum hat das Nuke nun Verbündete gefunden. Denn die S Immo ist keine Unbekannte in der Berliner Clublandschaft. Anfang 2020 hatte die Immobiliengesellschaft bereits die Griessmühle aus ihren Räumen verdrängt. Dort hatte die Immobiliengesellschaft den Betreiber:innen immer nur auf ein halbes Jahr befristete Mietverträge gegeben – und konnte den Club auf diesem Weg einfach loswerden. Ein ähnlicher Knebelvertrag, wie ihn auch der Nuke Club hatte. Dabei hatte die Pressesprecherin der S Immo, Elisabeth Wagerer, 2020 nach der Verdrängung der Griessmühle noch beteuert, der Konzern habe keine weitere Immobilien mit Clubs als Mietern mehr im Portfolio. Auf dem Gelände des Nuke Club sollen wie schon auf dem Gelände der Griessmühle Büros, Co-Working-Spaces und vielleicht auch Lofts entstehen.

Seit ein paar Tagen gibt es eine Petition, mit der der Nuke Club die S Immo auffordert, die Kündigung aufzuheben oder zumindest zu verschieben, damit die Betreiber:innen die Chance haben, eine neue Location zu finden. Und die Politik fordern Zaddach und Stolte darin auf, sich an die Seite des Clubs zu stellen. Dort befindet sich schon das Team der Griessmühle, das nun mit dem Revier Südost eine neue Location gefunden hat und eine weitere Petition für den Nuke Club gestartet hat. Zusammen haben sie schon knapp 70.000 Unterschriften gesammelt.

Die S Immo hat das Recht auf ihrer Seite

Das Problem im Kampf gegen die Verdrängung des Nuke Club ist: die S Immo hat das Recht auf ihrer Seite. „Rechtlich war das alles im Rahmen“, sagt Geschäftsführer Tino Zaddach, „aber menschlich hätten wir uns gewünscht, dass die S Immo in einem der Gespräche, die wir im letzten Jahr wegen der Pandemie geführt haben, signalisiert hätte, dass wir bald gehen müssen.“ Stattdessen habe es einige Umbauten zu Gunsten des Clubs gegeben, die sie als Zeichen dafür, dass sie erstmal bleiben dürften, interpretiert hätten, sagt Zaddach – und keinerlei Vorwarnung.

Doch es scheint, als würde der Protest Wirkung zeigen. Am Montag kamen auf Initiative von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) der Chef der S Immo Deutschland Robert Neumüller und Nicola Stolte und Tino Zaddach zu einem Gespräch zusammen – unter der Mediation von Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert. Dabei zeigte sich Neumüller, unter noch nicht näher bekannten Bedingungen bereit, die Beendigung des Mietvertrags noch etwas aufzuschieben – wie lange, ist ebenfalls noch nicht klar.

Auch wenn es noch viele Unwägbarkeiten gibt und noch nichts sicher: Der Fall Nuke Club zeigt, dass Protest sich lohnt, gerade auf lokaler Ebene. Und er zeigt, dass es helfen kann, Politiker wie Klaus Lederer um Hilfe zu bitten, nach dessen Brief sich die S Immo auf einmal zu Gesprächen bereit zeigte. Denn, so viel ist inzwischen klar, auch die Berliner Politik weiß um die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Clubs für Berlin.

Übrigens: Der Nuke Club sucht nun nach einer neuen Location und bittet um Tipps, wenn jemand jemanden kennt!


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