Kommentar

Tag der Clubkultur und Berghain-Comeback: Die Welt wird besser

Der Tag der Clubkultur steht an, inklusive – es ist kaum zu glauben – Clubnächten und Raves, drinnen, ohne Maske und ohne Abstände. Das ist schön und wichtig, angesichts des desolaten Zustands in dem sich die Welt befindet, sagt unsere Club-Autorin.

Tag der Clubkultur 2021: Wer hätte gedacht, dass wir ihn so feiern?
Dicht gedrängt tanzen, ein bisschen eskalieren, sich zwischen schwitzenden Körpern aufhalten: Das geht jetzt tatsächlich wieder. Foto: Imago/imagebroker

Vollgepisste Hasenheide gegen richtige Tanzflächen

Auch wenn es Neujahr 2021 mit vom Frustsaufen dröhnenden Schädel schien, als sei es ein Ding der Unmöglichkeit: Dieses Jahr ist wirklich anders als 2020. Nicht nur, dass der Sommer verregneter war, die Ideen der „Querdenkenden“ noch verquerer und Großteile der Politik gegenüber Klimakatastrophen, rechtsradikalen Polizist:innen und Pflegenotstand noch ignoranter waren. Nein, entgegen aller Erwartungen kann man im Jahr 2021 tatsächlich wieder ein wenig Spaß haben.

Die Veränderung ist in diesem Herbst nach der Urlaubssaison vor allem für jüngere Menschen spürbar, denn: In Berlin sind die meisten Clubs wieder geöffnet und man kann ohne Abstände und ohne Maske tanzen und trinken, Menschen beobachten und sich an ihren schwitzigen Körpern vorbeischieben. Man kann auf einer dunklen Tanzfläche in Gebäuden aus Beton stehen, nicht zwischen den vollgepinkelten Büschen der Hasenheide, und spüren, wie einem die Bässe durch den Körper fahren. Mal im Ernst, wer hätte das gedacht?

Wer hätte im Herbst 2020, als der nächste Lockdown besser früher als später hätte kommen sollen, als die Bars kurz vor der Schließung standen und die einzig mögliche Tanzveranstaltung eine draußen im Oktoberwetter war, gedacht, dass es drinnen wieder öffentliche Räume geben würde, in denen Menschen so rumlaufen können, wie sie wollen, sich ohne Angst küssen und berühren und tanzen können? Oder dass sich ein Jahr später wieder acht, neun, zehn Menschen in Klokabinen drängen würden, um sich bereit und breit für den Dancefloor zu machen?

Tag der Clubkultur und Berghain-Wiedereröffnung an einem Wochenende

Für viele gipfelt die Öffnung der Clubs am kommenden Wochenende, wenn einerseits der Techno-Tempel schlechthin, das Berghain, wieder eröffnet und andererseits Dutzende Kollektive und Clubs am 3. Oktober der Tag der Clubkultur feiern. Das Musicboard, die Senatskulturverwaltung und die Clubcommission hatten den Tag der Clubkultur 2020 ins Leben gerufen, um die Vielfalt und Bedeutung der Berliner Clubkultur zu unterstreichen.

Wie auch im vergangenen Jahr hat die unabhängige Jury über die 40 Gewinner:innen entschieden, die mit jeweils 10.000 Euro ausgezeichnet wurden. Gewonnen haben zum Beispiel das Kollektiv von Pornceptual, der Club Mensch Meier, die queere Bar Tipsy Bear und Hör, die Plattform, die aufstrebenden Berliner DJs während der Pandemie eine Bühne geboten hat. Wie im vergangenen Jahr gibt es am Tag der Clubkultur Diskussionsrunden und Workshops, Performances, Ausstellungen, Streaming-Events, Bootstouren und, im Gegensatz zu 2020: Clubnächte und Raves.

Angesichts des desolaten Zustandes, in dem die Welt sich befindet, tut das verdammt gut: zu sehen, wie wenigstens die Flucht- und Freiräume, die Safe Spaces, die Clubs sind, langsam wieder auferstehen. Diese Entwicklung ist wichtig für viele (junge) Menschen, ganz besonders für jene, die jeden Tag aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Aussehens diskriminiert werden.


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