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Tag der Clubkultur: Clubs sind Orte des Zusammenhalts

Zum fünften Mal wird in Berlin der Tag der Clubkultur mit einem vielseitigen Programm gefeiert. Vom 3. bis zum 10. Oktober finden in zahlreichen Locations die verschiedensten Veranstaltungen statt, die die Relevanz des Nachtlebens beleuchten und verkörpern. Den Tag braucht es mehr denn je, denn die Clublandschaft steht vor vielen Herausforderungen.

Zum Tag der Clubkultur wird vom 3. bis zum 10. Oktober an zahlreichen Locations in Berlin gefeiert. Foto: Andrea Rojas

Der Tag der Clubkultur würdigt die kulturelle Bedeutung von Clubs

Die Bässe vor dem Festsaal Kreuzberg wummern leise, es ist heiß an diesem Donnerstagabend im September. Immer mehr Repräsentanten des Berliner Nachtlebens füllen den Außenbereich, es wird sich angeregt unterhalten, laut knallen die Sektkorken. Die Stimmung ist elektrisiert, denn heute ist Preisverleihung, genauer: die Preisverleihung zum Tag der Clubkultur. Unter dem Motto „Beyond Tomorrow: Remaining Hopeful in Chaos“ werden insgesamt 40 Berliner Clubs und Kollektive für ihre engagierte kulturelle Arbeit ausgezeichnet und erhalten dafür eine Förderung von 10.000 Euro.

Die meisten der hier anwesenden gehören einem der Clubbetriebe oder Kollektive an, die unter den 185 Bewerbungen von der Berliner Clubcommission ausgewählt wurden. Dazu zählen etwa die African-Techno- Partyreihen „Freak de l’Afrique“ und „African Acid Is The Future“, die queerfeministische Bar Oya und das Para Yok Kollektiv, das eine Alternative zur Mainstream Feierkultur schaffen will. Aber auch Locations wie das Strandbad Plötzensee, die Neue Zukunft und das Jonny Knüppel sind mit dabei. Zum ersten Mal in diesem Jahr wurden auch drei Nachwuchspreise und ein Szenepreis für besonderes Engagement vergeben. Letzterer ging an Asia James Thomas. Die Aktivistin ist ein Vorbild für eine junge trans* Community und unter anderem als Türsteherin im Berghain und der sexpositiven Party Pornceptual bekannt.

Das Festival-Programm zum Tag der Clubkultur ist vielfältig – neben Clubnächten finden auch Workshops, Konzerte und Diskussionen statt. Foto: Andrea Rojas

Auch „Layers Berlin“ wurde ausgezeichnet. Das queere Kollektiv hat es sich seit seiner Gründung zur Aufgabe gemacht, sichere, inklusive Räume für Menschen zu schaffen, die keine weißen cis-Männer sind. Auf ihren Partys im Watergate, im Oxi oder in der Else haben ausschließlich Queere und FLINTA* DJs aufgelegt. Damit will „Layers Berlin“ ein Zeichen gegen den Status quo der Szene setzen, denn Techno gilt immer noch als ein notorisch männerdominiertes Business. Eine ähnliche Agenda hat auch das Kollektiv Femme Bass Mafia. Kurz darauf wird auch „Gay Consent Lab“ auf die Bühne gerufen. Mit Workshops wollen die Betreiber über Themen wie Sex, Drogen, Raves und Intimität innerhalb der Gay-Community aufklären. Missbrauch in der männlich-homosexuellen Szene findet gesellschaftlich nur wenig Gehör, „Gay Consent Lab“ greift diese Problematik in ihren Workshops auf.

Tag der Clubkultur: Das Festivalprogramm ist vielseitig

„Es ist wichtiger denn je, Solidarität und Zusammenhalt zu fördern. Der diesjährige Tag der Clubkultur zielt darauf ab, das gegenseitige Vertrauen zwischen den verschiedenen Club-Communitys wiederherzustellen und durch gemeinsame Impulse den Weg für eine progressive, umsichtige und starke Clubkultur zu bereiten“, erklärt Marcel Weber von der Clubcommission. Der heutige Abend macht deutlich: Clubs und Kollektive haben eine kulturelle Bedeutung für Berlin, sie ermöglichen echten Kontakt und Begegnung zwischen Menschen und gehören deshalb besser geschützt.

Zur Preisverleihung zum Tag der Clubkultur haben verschiedene DJs aufgelegt. Foto: Jascha Müller-Guthof

Die Preisverleihung stellt nur den Auftakt eines mehrtägigen Festivals dar: Zwischen dem 3. und 10. Oktober werden die ausgezeichneten Clubs und Kollektive die unterschiedlichsten Veranstaltungsformate präsentieren. An zahlreichen Orten in Berlin finden Partys, Clubnächte, Konzerte, Talks und Performances zu Themen der Clubkultur statt. Im Club Renate wird es neben einer Drag-Show und einem Bondage-Workshop auch einen Talk von „Sonar“ über Safer Nights im Clubgeschehen geben. In der Bar 800A wird es bunt, bei einem Naked Dance darf der gesamte Raum mit Farbe bemalt werden. Einen Vinyl-DJ-Workshop für die FLINTA* Community bietet die Paloma Bar in Kreuzberg an und im queeren Puticlub wird bei einer Clubnacht mit lateinamerikanischen Sounds sexpositiv gefeiert. 

Die Berliner Clublandschaft ist bedroht

Ursprünglich sollten mit dem Tag der Clubkultur Clubs in existenzbedrohenden Zeiten wie der Pandemie unterstützt werden. Mittlerweile in seiner fünften Ausgabe angelangt, hat sich die Veranstaltung längst zu einem etablierten Kulturpreis entwickelt. Doch die Lage in Zeiten von Krieg, Umsatzrückgängen und schwindenden Freiräumen sieht auch heute noch brenzlig aus. Während der Preisverleihung wurde die Situation der Szene von der queeren trans-femme Labelgründerin und Türsteherin Tal Se auf den Punkt gebracht: „In der ehemaligen Rummels Bucht habe ich einen safe space gefunden, an dem ich mich so frei wie noch nie zuvor gefühlt habe. Ich erinnere mich, wie ich in einer Badewanne lag und einfach in den Himmel geschaut habe. Heute existiert dieser Ort nicht mehr.” Die bedrohte Clubkultur in Berlin ist an diesem Abend ein viel diskutiertes Thema: Wie kann die Zukunft der subkulturellen Partywelt gesichert werden?

Erst kürzlich verkündete der Club Renate seine Location in einem ehemaligen Wohnhaus bis Ende 2025 verlassen zu müssen. Wenige Wochen danach gab auch das Watergate seine bevorstehende Schließung bekannt. In einer Umfrage gaben mehr als 65 Prozent der Berliner Club-Akteure an, in eine düstere Zukunft zu blicken. Nie war es wichtiger, die Bedeutung der Clubs sichtbar zu machen. Dafür braucht es auch den Tag der Clubkultur.

Tag der Clubkultur: Das sind die Highlights

Vom 3. bis 10. Oktober finden zum Tag der Clubkultur in Berlin zahlreiche Veranstaltungen statt. Das vollständige Programm gibt es online. Einige Highlights stellen wir hier vor:

  • Celebrate Every Body–Night: Mind, Body and Soul Do 3.10. 18–24 Uhr, Sa 5.10. 18–1 Uhr, So 6.10. 18–23 Uhr, Bar Oya, Mariannenstraße 6, Kreuzberg, mehr Infos hier
  • Hot Mess: Pleasures & risks in sex-positive spaces Fr 4.10., 19–0 Uhr, Fortuna, Karl-Marx-Straße 127, Neukölln, mehr Infos hier
  • Vinyl-DJ-Workshop für FLINTA* Anfänger:innen So 6.10., 14–17 Uhr, Paloma, Skalitzer Straße 135, Kreuzberg, mehr Infos hier
  • Beyond tomorrow: Decolonoize Our Future Di 8.10., 18–19.30 Uhr, Neue Zukunft, Alt-Stralau 68, Friedrichshain, mehr Infos hier

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