Kommentar

Tag der Clubkultur trotz Corona: Kann man das verantworten?

Am Tag der Deutschen Einheit feiert Berlin nicht nur eben diese. Die Clubcommission hat den 3. Oktober zum Tag der Clubkultur erkoren – mit voller Unterstützung des Senats. Dutzende Clubs und Kollektive planen Veranstaltungen. Teils mit Tanz, teils nur mit Kunst. Allerdings gibt es angesichts der neuen Corona-Regeln harsche Kritik. Kann denn Feiern Sünde sein? Ein Kommentar.

Tag der Clubkultur: Einige Wochen wurde auch im Sisyphos wieder getanzt – allerdings mit Eintrittskarten und strengen Regeln. Reicht das? Foto: Kağan yaldızkaya/Unsplash

Vom Kollektiv Buttons bis zum Sisyphos, vom Schwuz bis zur neuen Griessmühle bekommen 40 Institutionen Fördergeld vom Senat – bei der Clubcommission konnten sie sich um die Förderung bewerben. Sprecher Lutz Leichsenring betonte von Anfang an, dass es um die Rettung der Berliner Clubs gehe – und natürlich Hygienekonzepte für die Events eingefordert worden sind.

Tag der Clubkultur folgt schärferen Corona-Regeln – ist das logisch?

Nun hat sich in den vergangenen Tagen seit der ersten Ankündigung des Tags der Clubkultur eines verschoben. Die Corona-Fallzahlen steigen stark, der Senat hat in Absprache mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel neue Corona-Regeln erlassen. Hintergrund vor allem auch: Die ausschweifende Feierfreudigkeit in der Hauptstadt. Zwar haben von Berghain bis Oxi in den Sommermonaten viele Clubs ihre Gärten geöffnet, allerdings hielten die strikten Vorgaben und Kapazitätsbeschränkungen auch viele vom Feiern im legalen Rahmen ab. Folge? Illegale Raves – mit hohen Infektionszahlen.

Der 3. Oktober ist Tag der Clubkultur, es gibt Dutzende Events in der Stadt. Logo: Clubcommission

Der Senat hatte also die undankbare Aufgabe, die schier unbändige Feierlust der jungen Berliner*innen zu kanalisieren. Aber dabei gleichzeitig nicht offiziell genehmigte Superspread-Events zu verantworten.

Kultursenator Klaus Lederer hatte bei einer Pressekonferenz zur Veranstaltung erklärt, wieso er denkt, dass im öffentlichen Raum kulturelle Events stattfinden können: Neben den oft beschworenen Hygienemaßnahmen gebe es eben auch die Tendenz, dass bei offiziellen Events die Leute kontrollierter und kontrollierbarer sind als bei privaten. Bei der Hausparty stünden die Leute sorgloser beisammen als beim Event mit Maskenpflicht.

Den sonst zelebrierten Kontrollverlust soll es am 3. Oktober nicht geben

Trotzdem wirkt es natürlich merkwürdig, genau jetzt dazu aufzurufen, die Clubs zu fördern, indem man hingeht. Lederer erklärt dazu, dass es den „Kontrollverlust, die ganze Nacht durch, in geschlossenen Räumen, eng beieinander“ am Tag der Clubkultur nicht geben wird. Und Szenen wie beim Boot-Rave auf Landwehrkanal will sicher keine*r der Verantwortlichen.

Nun stellt sich die Frage, ob Clubkultur in einer Pandemie wirklich das wichtigste ist. Ja, Clubkultur ist wichtig! Und es stellt sich die Frage, inwiefern wirklich alle Regeln befolgt werden können. Können sie nicht. Nie.

Den großen Exzess soll es auch am Tag der Clubkultur nicht geben. Foto: Unsplash/Antoine Julien

Allerdings tat das neulich auch die Verkäuferin in einem Supermarkt nicht, die sich ohne Maske zwischen zwei Schlangen hindurchdrängelte. Und der Halbstarke, der in der vollen U8 mit seinem Kumpel auch noch hustete. Und dann haben wir die Leute, die glauben, ein Mini-Visier würde irgendwas bringen. Tut es nicht. Und dann sind da die Kellner*innen dieser Stadt, die meinen, die Nase braucht Freiheit, während sie sich über unsere Schulter lehnen, um das Essen zu servieren.

Das derzeitige Kollektivversagen ist nicht Schuld der Clubs

Derzeit ist ein Kollektivversagen zu beobachten, das die Clubs dieser Stadt weder befeuern noch bestrafen können und sollten. Die Zahlen werden durch einen Tag der Clubkultur nicht signifikanter steigen oder sinken als sie es ohnehin täten. Vielmehr hat Lederer recht, wenn er sagt, es ergibt Sinn, mit aller Kraft zu versuchen, brauchbare Angebote zu schaffen. Denn sie können illegale Events nicht verhindern, aber vielleicht etwas unattraktiver machen.

Kultursenator Klaus Lederer will die Clubkultur nicht vor die Hunde gehen lassen. Leicht ist es nicht. Foto: Imago Images/Futureimage

Am Ende ist es in der Verantwortung der Menschen, die in Berlin leben, die Stadt nicht noch kränker zu machen. Eine Verantwortung, die derzeit zu viele mit Füßen treten. Leider.


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