Der religiöse Inder hatte wenig übrig für die rauschverliebten Blumenkinder, doch der Woodstock-Mythos der gemeinsamen Transzendenz von Musiker und Publikum hatte sich da bereits verselbstständigt. Dass sich das Musikfestival von 1969 heute differenzierter beschreiben lässt, davon erzählt Frank Schäfer in „Woodstock ’69: Die Legende„. Anhand von Zeitzeugenberichten und Rückblicken klärt er Missverständnisse auf (Jimi Hendrix zum Beispiel hat seine verzerrte „Star-Spangled-Banner“ Version offiziell nie als Antikriegskommentar verstanden) und entstaubt Kritikermetaphern, etwa die der „Village Voice“, die das friedliche, aber verdreckte Festivalgelände als einen in die Kriegszone von Vietnam verlegten Badestrand bezeichnete. Man war damals stark bemüht, Krieg und Frieden gleichzeitig zu berücksichtigen. Rezensionen verschiedener Auftritte wie der von Joe Cocker oder Joan Baez runden das Buch ab, das den Woodstock-Jubiläumsreigen in diesem Jahr eröffnet.
Text: Sassan Niasseri
Frank Schäfer „Woodstock ’69: Die Legende“, Residenz Verlag, 180 Seiten, 16,90 Euro.