Das Festival „C2C – Country To Country“ zeugt davon, dass Country auch in Deutschland immer mehr Fans findet, trotz Donald Trump und aufkeimendem Antiamerikanismus. Unter anderem kommen Shaboozey, Dylan Gossett, Willie Jones, Pionier des Country-Hip-Hop und Country-Pop Shootingstar Dasha im März nach Berlin.

Country und Americana erleben seit gut zehn Jahren einen wahren Boost
Während der Präsident gerade sein Land unterwirft und auch vor dem Rest der Welt nicht haltmacht, erfreut sich die uramerikanische Countrymusik in Europa zunehmender Beliebtheit. Wie das? Denn quer durch die hiesigen Lager ist man sich eher einig: Trump sucks! Und nicht wenige frönen einem neu entfachten Antiamerikanismus. In der Musik spiegelt sich das durchaus nicht wider, ganz im Gegenteil, Country und Americana erleben seit gut zehn Jahren einen wahren Boost, allen voran in UK, Irland und Skandinavien, aber auch in good old Germany. Das größte Festival auf europäischem Boden, „C2C – Country To Country“, legt dafür seit 2013 Jahr für Jahr Zeugnis ab, wobei sich 2025 der frische Wind besonders entschlossen repräsentiert. Angefeuert durch Charterfolge von Shaboozey (Foto), Beyoncé, Post Malone und Dasha kommt das Line-up lockerer denn je rüber.
Der Aufstieg von Lainey Wilson war raketenhaft und macht sie zurecht zu einem Headliner. Ihr Hit „Country’s Cool Again“ bringt die Ambivalenz des aktuellen Booms humorvoll auf den Punkt: „Must be something in the water“. Mit ihrer Band und den exzellenten Songs gelingt es ihr zu begeistern, die Nähe zum Publikum, zu den Fans ist ihr immens wichtig, denn es ist nicht lange her, dass sie aus Geldmangel im Camper wohnte, ihre Gitarre alleine durch die Welt trug und auf ihren Durchbruch lange warten musste. Ganz besonders für Frauen und ganz besonders im Country gilt: Du musst doppelt so gut sein, doppelt so hart arbeiten.
Oder so schräg von außen kommen wie Shaboozey. Aus Virginia stammend, mit Familienwurzeln in Nigeria, war schon früh seine erste musikalische Wahl Country – leider zu einer Zeit, in der weder er noch die Welt dazu bereit war. Also machte er Rap, ziemlich gut sogar, sagt er von sich selber. Und dann kam 2019 Lil Nas X mit „Old Town Road“ und rüttelte die Kriterien durcheinander. Eine neue Ära der Experimente und Offenheit wurde eingeleitet, Shaboozey spürte Rückenwind. In „A Bar Song (Tipsy)“ verbandelt er raffiniert Country mit Hip-Hop (mit Anleihen bei J-Kwon) und hat die Thronhalter der Chartsspitze Post Malone, Luke Combs, Morgan Wallen und Beyoncé locker ausgestochen. Das Album „Where I’ve Been Isn’t Where I’m Going“ steht für künstlerische Authentizität und reicht über das reine Muskelspiel hinaus, Shaboozey meint es ernst. Auch seine Auftritte beim immerhin mit dem Grammy gekrönten Beyoncé- Album „Coyboy Carter“ weisen über einen One-Hit-Wonder Verdacht hinaus. Er gehört zu den interessantesten Acts des Festivals, sein neues Album dürfte sich in der Songauswahl andeuten.
Dylan Gossett aus Austin, Texas, ist dagegen ein typischer White-Boy-Darling, wobei TikTok als Eintrittskarte auf Begeisterung bei einem eher jungen Publikum hindeutet. Der klassische Gitarre- und Mundharmonika-Selfmademan singt in seinem Hit „Coal“ etwas selbstmitleidig „They say pressure makes diamonds, How the hell am I still coal?“ und ist auf der Bühne natürlich ganz das Gegenteil. Mal sehen, wie textsicher hier das C2C Publikum ist.
Romantisch und soulful
Das ebenfalls texanische Trio Midland hat in Berlin fast ein Heimspiel. Seit ihrem Debüt „On The Rocks“ 2017 waren sie bereits zweimal auf eigener Tour hier, offenbar zieht ihr neotraditioneller Honky-Tonk-Stil hier besonders gut: „Wir waren immer stolz darauf, nicht für den üblichen Machismus zu stehen. Wirklich coole Künstler, Männer wie Frauen, haben keine Angst davor, sich verletzbar zu zeigen. Im Herzschmerz liegt auch etwas Schönes“, sagt Sänger Mark Wystrach. Ihr aktuelles Album „Barely Blue“ haben sie mit dem neuen wichtigen Mann in Nashville, Dave Cobb, produziert und zeigen sich darauf so romantisch und soulful wie nie zuvor. Sie teilen sich das Management unter anderem mit Shaboozey, und die neue Offenheit findet ihren ungeteilten Zuspruch: „Die beste Möglichkeit, ein Genre weiterzuentwickeln, besteht darin, Grenzen zu verbiegen und nicht zu überschreiten.“

Ein Füllhorn an Songwriter:innen begleitet traditionell bereits tagsüber das Hauptprogramm und birgt bei genauer Betrachtung wahre Juwelen. Kaitlin Butts etwa aus Oklahomas Red-Dirt-Szene mischt mit ihren dynamischen Songs in Cowgirl-Manier jede Gemütlichkeit auf und scheut nicht Themen wie häusliche Gewalt und Drogenmissbrauch. Das alles in einem an Musicals geschulten Vaudeville-Stil. Das Trio The Castellows aus Georgia mag dagegen oldfashioned und brav wirken, kann aber mit seinen schwesterlichen Harmonien und den Country-Noir-Geschichten in den Himmel abheben. Auch Altbekannte wie Willie Jones, Pionier des Country-Hip-Hop, sind erneut dabei, ebenso Country-Pop Shootingstar Dasha sowie die Sad Song Society – mit dem Vorglüher-Event „Bluebird Café“ in der Passionskirche ein übervolles Wochenende. Bester Tipp: Go with the flow!
Text: Christine Heise
- C2C – Country To Country 7.3.-9.3., Uber Eats Music Hall, Tagesticket ab 139 €, Festivalticket ab 288 €, Daytime Sidestages ab 39 €, Blue Bird Café in der Passionskirche, Do 6.3., ausverkauft. Mehr Infos hier
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