Das Pitchfork Music Festival findet endlich in Berlin statt – nach mehr als zwei Jahren Verschiebung. Drei Tage lang versammelt sich das Who-is-Who der Pitchfork-Bestenlisten in der Stadt. Vom 4. bis zum 6. November spielen Underground-Lieblinge wie Squid, Black Midi, The Comet is Coming und Desire in verschiedenen Venues. Alle Infos zum spannendsten neuen Musik-Event der Hauptstadt.

Foto: Fabrice Bourgelle
Pitchfork Music Festival in Berlin: Na endlich!
Eigentlich sollte es 2020 losgehen. Das erste Berliner Pitchfork Music Festival sollte zwei Tage lang im Mai das Tempodrom bespielen, mit einem Mix aus Berliner Held:innen (Modeselektor! Ilgen-Nur! Brandt Brauer Frick! Blvth!) und internationalen Künstler:innen, von großen Namen wie den Elektromusikern Tim Hecker und John Talabot oder der österreichischen Sängerin Soap&Skin bis hin zu neuen aufregenden Projekten wie duendita aus New York oder Celeste aus Brighton.
Aber dann sollte es anders kommen. Ein kleiner Virus kam uns allen in die Quere, die Welt hielt die Luft an und ging in den Lockdown. Der Rest ist sattsam bekannte Geschichte: die Vorstellung eines großen Indoor-Festivals rückte für die nächsten zwei Jahre mit jeder neuen Covid-Welle noch weiter in die Ferne. Bis jetzt.
Drei Tage Festival an verschiedenen Orten
Rund zweieinhalb Jahre nach dem ersten Datum findet das Pitchfork Music Festival nun endlich doch statt. Oder vielmehr: ein Pitchfork Music Festival findet statt. Denn das Konzept ist jetzt ein ganz anderes, als ursprünglich geplant war: Drei statt zwei Tage wird nun gefeiert, an verschiedenen Veranstaltungsorten in der gesamten Stadt statt an einem einzelnen Ort. Von ganz im Osten im Zenner, wo auch der tipBerlin schon seine Sause zum fünfzigsten Jubiläum feierte, bis hin zum Silent Green im Norden, und dem Festsaal Kreuzberg, Metropol oder Columbia Theater dazwischen.

Jeden Abend finden zwei bis drei Veranstaltungen mit mehreren Künstler:innen statt, die Karten werden einzeln verkauft. Und auch das musikalische Programm hat sich verändert: Die ganz großen Berliner Namen finden sich nicht mehr in der Ankündigung, dafür liest sich das Line-Up noch viel mehr wie das Who-is-Who der Pitchfork-Jahreslisten mit gefeierten Projekten wie den Post-Punk-Bands Squid aus Brighton und Black Midi aus London, der brasilianisch-niederländischen Elektrokünstlerin Lyzza oder den Kanadier:innen Desire, die man noch vom legendären Soundtrack des 2011 erschienenen Films „Drive“ kennen könnte.
Das Pitchfork Who-is-Who und Newcomer:innen
Aber auch noch unbekanntere Namen sind dabei: Ivy Sole etwa, Rapper:in und Sänger:in aus London, die sich mit den Jazzinnovatoren The Comet is Coming die Bühne teilen wird, oder Oli XL, Experimental-DJ aus Stockholm, der mit Glitch-Pop-Sensation yeule aus Singapur gepaart wird. Jede der Veranstaltungen hat dadurch einen ganz eigenen Stil und einen eigenen Sound. Vom gitarrenaffinen Rockfan bis zu Technohead, von genderqueeren Indiepophörer:innen bis hin zu Freund:innen experimentellen R’n’Bs dürfte für jede und jeden etwas dabei sein. Und vor allem bleibt es geschmackssicher – so viel kann man von den Abenden erwarten.
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Schließlich ist Pitchfork, das wahrscheinlich wichtigste digitale Musikmagazin, eben auch dafür bekannt, den Sound der Gegenwart einzufangen. Was Pitchfork für hörenswert hält, wird auch gehört. Und wenn Pitchfork-Autor:innen neue Alben von heißgeliebten Popkünstler:innen verreißen, endet das nicht selten in handfesten Onlineshitstorms von Fans gegen das Magazin, wie beispielsweise nach einer kritischen Rezension einer Veröffentlichung von Taylor Swift.
Pitchfork Music Festival in Berlin: Diverses Booking ohne Abstriche
Gegründet wurde das Magazin 1995 als einfacher Musikblog und gehört mittlerweile zum Verlagshaus Condé Nast, die Heimat von Vogue, GQ und anderen Hochglanzpublikationen. Seit 2006 werden in Chicago und Paris eigene Festivals ausgerichtet, nun kommen London und eben auch Berlin dazu. Berlin macht dabei dieses Jahr den Auftakt, die Festivals in London und Paris finden an den darauffolgenden Wochenenden statt und werden genauso wie auch in Berlin an verschiedenen Orten und in bekannten Clubs abgehalten.

Auch das Line-up ähnelt sich bei den anderen europäischen Ablegern – wenn auch Berlin noch das kleinste der drei zu sein scheint: in London wird fünf, in Paris ganze acht Tage lang gefeiert. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Denn das diverse Booking zeigt gerade nach den Debatten um die ewiggleichen Bands auf Festivalankündigungen und das Geschlechterungleichgewicht auf deutschen Bühnen in den vergangenen Jahren, wie es besser gehen kann. Und zwar, ganz ohne irgendwelche Abstriche zu machen.
Wenig Verbindung zur Berliner Musikszene
Einen Wermutstropfen gibt es aber doch: Die Abwesenheit der Berliner Musikszene bei einem Festival, dass es sich zum Ziel gesetzt hat, den Status Berlins als eines der Zentren des internationalen musikalischen Undergrounds zu feiern. Nur wenige der Künstler:innen haben eine Verbindung zur Stadt: Der britische DJ Blawan lebt hier etwa und tritt mit dem ebenfalls in Berlin lebenden bildenden Künstler Bernhard Holaschke auf, und auch die US-amerikanisch-norwegische Musikerin Okay Kaya ist hier zuhause. R’n’B-Newcomerin Hawa wurde immerhin in Berlin geboren, wuchs jedoch in Guinea und New York auf.

Das ist schade, denn es bildet die Vielfalt und vor allem den internationalen Erfolg der Berliner Musikszene nur unzureichend ab. Die steht dieses Jahr dann eben vor den Bühnen und DJ-Kanzeln – und ist in den nächsten Jahren hoffentlich auch auf dem Line-up stärker vertreten.
Highlights: Squid, Black Midi, The Comet is Coming, Desire, Nation of Language, Lyzza, yeule, Oli XI
- Pitchfork Music Festival Berlin Fr 4.11– So 6.11., Zenner, Silent Green, Columbia Theater, Festsaal Kreuzberg, Metropol, Tickets ab 25,30 Euro, weitere Infos und Tickets hier
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