Gerade verlagert sich die Kultur ins Digitale, doch bei Streaming-Konzerten ist die GEMA schnell dabei, abzurechnen. Einfach spontan ein Konzert im Internet spielen ist nicht ganz so einfach
In Zeiten von Corona ist viel von pragmatischen, einfachen Lösungen die Rede. Doch manchmal macht die Bürokratie einen Strich durch die Rechnung. Bei Musiker*innen ist das zum Beispiel gerade die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Denn wer ein Streaming-Konzert spielt, muss unter Umständen eben doch eine GEMA-Lizenz dafür kaufen. Oft noch bevor er für das Konzert erste Online-Spenden bekommt.
Konzerne zahlen der GEMA eine Pauschale
Fein raus ist, wer sowieso ein analoges Konzert gespielt hätte, das entsprechend GEMA-lizenziert war, und nun einfach auf digital umsteigt. Hier sind die Gebühren quasi schon verrechnet. Auch aufatmen können alle Künstler*innen, die über Youtube oder über Facebook streamen. Diese Konzerne zahlen der GEMA eine Pauschale, sodass die einzelnen Streamer*innen nicht mehr blechen müssen. Das machen sie natürlich nicht einfach, weil sie so nett sind, sondern weil sie damit kostengünstig attraktiven Content generieren lassen für ihre Plattformen.
Aber sicher hat nicht jeder Lust drauf, sein kleines Indie-Wohnzimmerkonzert bei den Großkonzernen zu streamen und denen damit in den Hut zu spielen. In dem Fall wird es komplizierter: Man muss bei der GEMA die so genannte Lizenz namens “VR-OD 10” (in Sachen Namen macht der GEMA niemand etwas vor) kaufen.
Der Jazz-Gitarrist Titus Waldenfels hat es auf seinem öffentlichen Facebook-Account vorgerechnet: 256 Euro zahlt er nun pro Jahr für sein Lizenz-Paket – für ihn die günstigste unter den möglichen Optionen. Damit darf er 72.900 Klicks bekommen. Bis zum 1. April (kein Witz) muss er brav der GEMA überweisen.
Einerseits klingt das perfide – als würde die GEMA nun in Krisenzeiten auch noch die armen Künstler*innen abzocken. Andererseits ist die GEMA eben nicht einfach ein Bösewicht, sondern sie verwaltet und vertritt eben künstlerische Urheberrechte – für Komponist*innen und Textdichter*innen. Die dann am Ende ja dieses Geld erhalten für ihre künslerischen Schöpfungen. Letztlich also eine korrekter Zweck, auch wenn es erstmal strange wirkt angesichts der harten Zwangszeit für viele nun vorerst Wohnzimmer-Künstler*innen.
Die offiziellen Informationen der GEMA zum Thema Live-Streams, findet man auf der Webseite des Verbands.
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