Kommentar

Madonna in Berlin: Sind die Preise für die Tickets ein Skandal?

Gerade begann der offizielle Vorverkauf für das Madonna-Konzert am 28. November 2023 in Berlin. Innerhalb kürzester Zeit waren die meisten Tickets ausverkauft, dabei kosteten die günstigsten Plätze etwa 150 Euro, wer näher an der Queen of Pop sitzen wollte, musste das Doppelte und mehr bezahlen. Stehplätze im Innenraum gab es nur noch als so genanntes Resale-Ticket, für stolze 720 Euro oder mehr. Wer Konzerte von Stars sehen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen.

Bald in Berlin: Hier posiert Madonna bei einem Konzert in Mexiko, 2019.  Foto: Imago/Archivo Agencia El Universal/Luis Cortes
Bald in Berlin: Hier posiert Madonna bei einem Konzert in Mexiko, 2019. Foto: Imago/Archivo Agencia El Universal/Luis Cortes

Wagner oder Madonna? Elitäre Veranstaltungen mit sehr teuren Karten

Hoher Kunstgenuss hat seinen Preis, das war schon immer so. Geht es um Madonna oder um Richard Wagner? Das ist keine Frage mehr im Jahr 2023. Die Aufführungen von Wagner-Opern in Bayreuth sind seit jeher elitäre Veranstaltungen mit sehr teuren Karten und einem strikten Dresscode, die vorrangig der Oberschicht vorbehalten sind. Der Habitus dieser Welt der Macht, in der sich die Größen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in eleganter Atmosphäre begegnen, hat sich nun, durch eine galoppierende Transformation des Konzertmarktes, auf die Popwelt übertragen. Ohne oder besser, mit einem anderen Dresscode vielleicht.

Die Preise für Konzerttickets explodieren, wenige gigantische Unternehmen wie Ticketmaster kontrollieren die Preise und die Grenzen nach oben scheinen weit offen zu sein. Kaum ein größeres Konzert kostet mittlerweile weniger als 100 Euro, eher mehr. Selbst mittelgroße Konzerte kratzen an dreistelligen Beträgen. Wer als Paar eine bekannte Band oder einen Solo-Act sehen will, ist schnell mit zwei- oder dreihundert Euro dabei.

Einst war Pop als Gegenentwurf zum Establishment angetreten. Es war die aufrührerische Musik der Jugend. Statt starrer Konvention erprobten die nachwachsenden Generationen ästhetische, sexuelle und kulturelle Aufbrüche. Dass Pop auch immer ein gutes Geschäft war, liegt auf der Hand. Geld wurde in der Branche immer verdient, keine Frage! Der Kapitalismus machte schließlich nicht vor der Clubtür oder dem Plattenladen halt. Aber die Preise waren erschwinglich. Musste man in den 1980er- oder 1990er-Jahren als normal angestellter Fan etwa drei oder vier Stunden arbeiten, um sich ein größeres Konzert anzuschauen, sind es heute schnell zehn.

Die Preise für Konzerte von Superstars wie Taylor Swift, Celine Dion oder Elton John sind verstörend

Sicherlich sind die Pandemie und vor allem die Digitalisierung und das Aufkommen der Streaming-Portale für diese Entwicklung mitverantwortlich. Irgendwo müssen die Musiker und Musikerinnen ihr Geld verdienen. Doch die enorme Exklusivität und die Preise für Konzerte von Superstars wie Taylor Swift, Celine Dion oder Elton John sind verstörend. Nun reiht sich Madonna in den illustren Kreis ein, die Tickets für ihre beiden Konzerte in Deutschland begannen auf den billigsten Plätzen bei etwa 150 Euro und endeten bei 700 Euro und mehr. Die „VIP“- und „Golden Circle“-Tickets gar nicht mitgerechnet.

Pop ist zum Luxus geworden, das ist eine verstörende Erkenntnis. Denn Rolex-Uhren, Haute-Couture und Fabergé-Eier waren schon immer den Schönen und Reichen vorbehalten, doch Pop hatte eine ganze Ära lang den Anschein von Zugänglichkeit. Pop war Identifikation für Viele und die Popkultur stand für einen niedrigschwelligen Zugang zu Kultur. Das ist vorbei.

Geld scheint kein Thema zu sein

Ist es ein Skandal, wenn heute ein Konzertabend für zwei Personen so viel kostet wie die Monatsmiete für die eigene Wohnung? Kann man so sehen. Man kann aber auch ein resigniertes „das ist eben so, man muss ja nicht hingehen“ oder „das regelt der Markt“ nachschieben. So gesehen wäre dann aber grundsätzlich keinerlei Kritik mehr möglich. Oder eben zahlen, denn nicht alle wollen sich Newcomer ansehen, von denen sie noch nie etwas gehört haben.

Madonnas Konzert war in kürzester Zeit ausverkauft und Geld scheint kein Thema zu sein. Die Bereitschaft, sich ein vermeintlich einmaliges Live-Erlebnis zu gönnen, ist im Internet-Zeitalter zum Statussymbol geworden und die Popwelt hat sich den Habitus der Exklusivität längst angeeignet. Die Mercedes-Benz Arena ist so etwas wie der neue Grüne Hügel. Und Madonna weiß sehr genau, dass man mit revolutionären Posen und sexuellen Ausschweifungen viel Geld verdienen kann. Eine gute Geschäftsfrau war sie schon immer. Was diese Entwicklung aber für die Zukunft der Popmusik bedeutet, wird sich noch zeigen, rosig sieht es derzeit nicht aus. Pop wird zur Klassenfrage.


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