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Neo-Klassik

Max Richter dekonstruiert Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ in der Zitadelle

Der Mann mit dem Vier-Wetter-Taft: Max Richter hat Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ kaputtgehauen – weil er sie liebt

Foto: Yulia Mahr

Man sollte Max Richter nicht unbedingt mit Deutsch kommen. Zwar wurde der größte Star aller Neoklassik-Komponisten 1966 in Niedersachen geboren und trägt diesen sehr deutsch klingenden Namen. Aber beim Interview kann er einen schon mal schroff zurechtweisen, man möge doch bitte Englisch mit ihm parlieren. Aufgewachsen ist er eben in Großbritannien und wohnt – nach vielen Jahren in Berlin – seit zwei Jahren auch wieder in Oxford, dem romantischen Intello-Städtchen mit seinem korrekten College-Rasen. Zuhause ist Max Richter sowieso in der weiten Welt, hat Soundtracks zu oscar-dekorierten Filmen wie „Waltz with Bashir“ und „Arrival“ beigesteuert. Dabei ist er ein Grenzgänger, hat klassische und elektronische Elemente miteinander fusioniert, bevor es cool und dann Standard wurde, sodass viele andere versuchten und versuchen, seinen Stil zu kopieren. Niemals mit Erfolg.

Wenn man Max Richter dann den Gefallen tut, ihn nicht mit Deutsch (was er natürlich gut versteht und spricht) zu belästigen, ist er von einer Sekunde auf die andere ganz Gentleman und Darling – und sagt kluge Sachen. Etwa wenn es darum geht, warum er Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ zerhackstückelt hat – das so ziemlich einzige Klassikwerk, das fast jeder kennt, der überhaupt ein Stück klassischer Musik kennt. Zu ihrer Zeit (1716/17) waren das radikale, waghalsige Violinkonzerte. Nur sind sie etwas in die Jahre gekommen. Max Richter sieht das so: „Man wird mit den ‚Vier Jahreszeiten‘ bombardiert: in Fernseh-Werbespots, in Aufzügen, in Telefon-Warteschleifen.“ Irgendwann habe er die Stücke nur noch gehasst.

Bei seiner Re-Komposition ging es ihm darum, wiederzuentdecken, was er einst so sehr geliebt hatte daran. „Wenn Sie jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit durch die Berge der Provence fahren, wird das mit der Zeit die langweiligste Route der Welt. Man stumpft leicht ab und ist schnell von etwas angewidert, das man zu gut kennt. Ich mache meinen Roadtrip in der altbekannten Landschaft, aber off-road, abseits der vielbefahrenen Straßen.“ Dafür hat er noch mal tief in die Noten geguckt – und sie weitergeträumt. „Ein Palimpsest, das über dem Vivaldi-Stück besteht und auch mit ihm inter­agiert. Remixe auf Papier, die nun zu Klang kommen.“ Mit Daniel Hope an der Solo-Violine. Viva Vivaldi!

Zitadelle Am Juliusturm 64, Spandau, Sa 24.8., 19 Uhr, VVK 48,25 €

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