Exaltation, Baby! Die Russen von Motorama sind gar nicht mehr so post-sozialistisch melancholisch
Dass die Jungs von Motorama ziemliche Loner sind, weiß man mittlerweile. Sie geben sich so wortkarg in Interviews, dass man sich manchmal nicht sicher sein kann, ob das auf Schüchternheit, Koketterie, Trauer oder mangelnde Englischkenntnisse zurückzuführen ist. Ihr zarter Post-Punk: düsterer als „Stranger Things“, „Twin Peaks“ und „Black Mirror“ zusammen. Viele glauben, so sei man eben, wenn man aus Russland kommt.
Ganz so einfach ist das aber nicht. Russen sind nicht von Natur aus post-sowjetisch melancholisiert und in keinster Weise am glückerfüllten Leben interessiert. Obwohl diese Haltung derzeit – allen voran bei Instagram – en vogue zu sein scheint, kennt man fragil dystopische, beinahe post-apokalyptische Liebesmelodien von Motorama bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2005.
Mit ihrem fünften Album „Many Nights“ wagt die Band nun das, was man in ihren Sphären wohl Eskalation oder gar Exaltation nennen würde – im Opener „Second Part“ wird sogar ausgelassen getrommelt. Parallel dazu klammert sich der Signature-Gitarrensound von Motorama in altbekannter, bezaubernd anhänglicher Naivität an den Beat, um daran zu erinnern, dass man hier natürlich trotz leichter Folklore-Momente keinen ausgelassenen „Mental strength and health“-Workshop in Goa gebucht hat. Das hätte auch wirklich niemand gewollt.
Lido Cuvrystraße 7, Kreuzberg, Do 14.2., 20 Uhr, VVK 17 € zzgl. Gebühren