Manfred Krug war nicht nur das Raubein unter den deutschen Schauspielern der 1980er- und 1990er- Jahre, sondern auch leidenschaftlicher Sänger und begabter Songtexter. Nun haben die Musiker Albrecht Schrader und Florian Sievers (Das Paradies) ein Album mit 13 Coverversionen seiner alten Hits zusammengestellt: „Das schöne Leben des Herrn K.“
Indie-Szene covert Manfred Krug: Neues Leben für die alten Songs
Die Trackliste des Albums liest sich wie ein Who’s who der deutschsprachigen Indie-Musikszene: Mit dabei ist unter anderem unsere ehemalige tracks and talk-Gästin Charlotte Brandi, Moritz Krämer (Die Höchste Eisenbahn) und die Berliner Musikerin Albertine Sarges. Sie alle haben einem selbstgewählten Chanson aus der Feder Krugs neues Leben eingehaucht – und das gelingt, soviel sei schon gesagt, außerordentlich gut.
Statt überladenem Jazz ein smoother Sound
So nonchalant wie sonst nur der Gesang Manfred Krugs klingen kann, spielt eine Gitarre die ersten Töne des LP-Openers „Als ich rief nach dir“. Dann beginnt Albertine Sarges zu singen: „Als ich rief nach dir, du hörtest nicht“ und macht klar – hier werden vielleicht die Texte des „Herrn K.“ gesungen, aber deshalb wird nicht wie „Herr K.“ gesungen.
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So gibt es nicht die Stimme eines Entertainers, dem stets eine Prise ironischer Selbstdistanz anzuhören ist, in nahezu allen Tracks der Platte echte, nahbare Intimität – wie sie auch in den wirklich fantastischen Liedtexten von Manfred Krug zu finden ist. Auch musikalisch ist der sehr bunte, oft etwas überfordernde und kontrastreiche Jazz Krugs einem smoothen, modernen, aber nicht langweiligen Indiepop-Sound gewichen. Wobei natürlich jeder covernde Artist auch die eigene Stilrichtung mit einbrachte und so dafür gesorgt ist, dass jeder Track einzigartig klingt.
Viele der Cover kommen von alten Amiga-Platten
„Als ich rief nach dir“, „Wenn’s draußen grün wird“ oder „Kalt und weiß“ – viele der Songs kommen von Krugs alten Amiga-Platten, die er Anfang der 1970er Jahre in der DDR veröffentlichte. Die Texte schrieb er damals unter dem Pseudonym „Clemens Kerber“. Unter das Protestschreiben zur Ausbürgerung Wolf Biermanns setzte er allerdings seinen echten Namen, daraufhin wurde er kaltgestellt – Krug bekam keine Schauspielaufträge mehr und siedelte 1977 nach West-Berlin über.
Eines der ersten veröffentlichten Lieder in der BRD war „Um die weite Welt zu sehn“ mit einem Text der von den Schuldgefühlen nach dem Verlassen der eigenen Familie handelt. Die Berliner Musikerin Masha Qrella macht daraus einen wunderbar mystischen Trip-Hop-Track, der mit ihrem sphärisch dahingleitenden Sprechgesang sicherlich zu den Highlights der Platte gehört. Und wenn sie melancholisch die Zeile „Die Welt ist schön“ hinhaucht, lässt sich vielleicht erahnen, wie Manfred Krugs innere Gefühlswelt nach der Übersiedlung ausgesehen haben könnte.
Auf „Das schöne Leben des Herrn K.“ singt Herr K. keinen einzigen Ton – und dennoch spielt er die Hauptrolle auf der LP. Ebenso wie seine nun veröffentlichten Tagebücher verrät die LP viel mehr über sein Innenleben als 41 Episoden Tatort mit Stoever und Brockmöller oder fünf Staffeln „Liebling Kreuzberg“. Das Herausragende dabei ist, dass es die Songs dabei dennoch schaffen, sich von Manfred Krug zu lösen.
Die passionierte Vogelbeobachterin Albertine Sarges erzählt etwa in „Als ich rief nach dir“ nicht nur vom „sesshaft werden“ und Kinder bekommen, sondern schafft es durch die geschickte, nahezu unbemerkte Einflechtung von Zeilen wie „Ich halt dich bei mir, wenn kein Regen mehr fällt“ und „in der Sonne spiegelt sich ein Rotmilan“, auch eine klima- und umweltpolitische Dimension in das Lied einzubauen. Und der Wiener Musikerin Resi Reiner gelingt es ebenso wie dem Duett von Lina Maly & Moritz Krämer, dass es „Weckerklingeln“ und „Ade“ nicht anzumerken ist, dass sie Cover sind. Ein Beweis für die Zeitlosigkeit der Krug’schen Texte und Grund, sich vielleicht mal den nun ebenfalls frisch erschienenen dritten Teil der Tagebücher von Manfred Krug durchzulesen: „Ich beginne mal wieder von vorn“.
- Various Artists „Das schöne Leben des Herrn K.“ (Krokant)
Manfred Krug ist natürlich einer von ihnen: Hier findet ihr 12 berühmte Berliner:innen, die ihr kennen solltet. Mit dem Schauspieler und Sänger Robert Stadlober sprechen wir über sein frisch erschienenes Album, auf dem er Gedichte von Kurt Tucholsky vertont. Von DDR-Schlager bis Techno: Berlin auf Plattencovermotiven zeigen wir euch hier. Mehr für eure Ohren: Alle Musiktexte findet ihr in dieser Rubrik.