Neues Album

„Dunkel“ von Die Ärzte: Die Plattenbesprechung im tipBerlin

Die Ärzte haben ein neues Album vorgelegt: „Dunkel“ heißt die Platte, Nachfolger von „Hell“. tipBerlin-Autor Martin Schwarz hat reingehört und stellt fest: Es groovt griffig, es schimmert Hoffnung durch, und es wird sogar gerappt. Bloß auf größere Provokationen müssen wir diesmal verzichten. Hier lest ihr die Kritik zu „Dunkel“ von Die Ärzte“.

Düstere Weltsicht? „Dunkel“ von Die Ärzte

Eigentlich hätte das neue Album der Die Ärzte nach dem erst 2020 erschienen Album „Hell“, das wir hier rezensieren, als Gegenstück zur englischen Auslegung auch „Heaven“ heißen können. Doch das entspricht ja weniger der mitunter düsteren Sicht, die BelaFarinRod auf die Welt um sie herum haben. Und der alte Vampirist Bela bringt es ja im Titelsong „Dunkel“ bereits auf den Punkt: „Ich will es schwarz, ich will die Nacht“. Und Farin feiert diesmal sogar die „Bonjour Tristesse“: „Einsamkeit und Schwermut sind nie weit von mir entfernt.“ Das geht sogar so weit, dass Bela in „Einschlag“ ins Innenleben eines Totschlägers blickt.

Und dann natürlich der vom Beginn der Die-Ärzte-Ära seit „Zu spät“ stets wichtige Beziehungsclinch: In gleich fünf Songs wird thematisiert, wie schwierig intime Beziehungen zu einem anderen Menschen sein können. Der Rückzug ins Private nutzt also auch nichts. Denn „Menschen sind für Menschen nicht gemacht“ („Menschen“).

„Es wird Zeit für etwas Noise/Neues“

Nun kommt „Dunkel“ aber nicht so depressiv daher wie das Coronaalbum „12“ von AnnenMayKantereit („So wie’s war, so wird es nie wieder sein“) im letzten Herbst. Es schimmert trotz aller Negativität auch etwas Hoffnung durch. Denn siehe das Licht am Horizont: „Musik ist älter als Kapitalismus … Musik ist das Nirvana jeder Möglichkeit“ – die Erkenntnis von Bela in Zusammenarbeit mit der Rapperin Ebow im Song „Kerngeschäft“.

Und auch in der ersten Singleauskopplung „Noise“: „Es wird Zeit für etwas Noise/Neues.“ Etwa für die vielen angekündigten, sehnsüchtig auch von die Ärzte erwarteten Konzerte, von denen die ersten gerade wieder verschoben werden mussten.

„Dunkel“ von die Ärzte groovt recht griffig

Und musikalisch? Da groovt „Dunkel“ recht griffig. Farins Gitarrenbretter sind zum Besteigen fest, Rod darf in Songs wie „Erhaben“ oder „Danach“ seine Virtuosität am Bass demonstrieren. Und für etwas Westernatmosphäre (in „Nachmittag“) ist auch Platz. Echte Balladen sucht man aber genauso vergebens wie pure Quatschsongs oder größere Provokationen. Vielleicht ist DÄ ja aus dem Alter raus.

Und ganz am Ende folgt dann das Hohelied auf die Demokratie. In „Our Bassplayer Hates This Song“ heißt es: „Freiheit ist keine App aus dem World Wide Web.“ Und für die Wahl am 26.9. folgt dann abschließend: „ … und falls du dich jetzt fragst, wie man die Welt verbessern kann: Wie wär’s mit wählen gehen? Dein Kreuz gegen Hakenkreuze, damit fängt es an, dem Hass zu widerstehen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. 


Mehr zu Die Ärzte

Sie sind mit der Stadt verwoben: Die Geschichte von Berlin und Die Ärzte erzählen wir hier. „Unsere Fachrichtung ist Optimismus“, haben uns Die Ärzte im April 2021 im Interview verraten. Klar, dass sie auf dieser Liste nicht fehlen dürfen: Die 12 wichtigsten Berliner Bands. Mehr zu Musik in Berlin lest ihr übrigens hier.

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