Eistee-Hype

Eistee und Rap: Haftbefehl bringt den „Baba HafTea“ in die Läden

Eistee ist der heiße Scheiß, zumindest in der deutschen Hip-Hop-Welt. Nach den Rap-Stars Capital Bra und Shirin David bringt nun auch der Offenbacher Babo Haftbefehl seinen Softdrink in die Läden. Der „Baba HafTea“ kommt in einer zierlichen 0,25l-Dose und dem Konterfei des Rappers daher. Was steckt hinter dem Phänomen? Eine kleine Kulturgeschichte von Deutschrap und Eistee.

Haftbefehl bei der Premiere von "Dogs of Berlin" und sein neuer Eistee. Foto: Imago/Photopress Müller
Haftbefehl bei der Premiere von „Dogs of Berlin“ und sein neuer Eistee. Foto: Imago/Photopress Müller

Eistee und Rap passen einfach gut zusammen!

Eine ganze Weile galt Eistee nicht unbedingt als der Inbegriff von Coolness, eher als Softdrink für Kindergeburtstage oder eine ebenso ungesunde Alternative zu „Fanta“, „Coca-Cola“ und „Sprite“. Dann kam in Deutschland ein kurioser Trend auf, Getränkehersteller und Rapper taten sich zusammen und änderten das Image des süßen Tees. Wie und wo das alles begann, ist nicht ganz klar. In den USA existiert das Rap-Drink-Joint-Venture schon länger. Der kalifornische Rap-Star Tyga etwa kam mit seinem „Pop Water“ genannten Softdrink schon 2013 heraus. Auch der OG aller Sad Boys Yung Lean schwor auf die stimmungsaufhellende Wirkung der pastellfarbenen „Arizona Iced Tea“-Flaschen – und machte sie damit zum Kultobjekt der Vaporwave-Ästhetik.

In Deutschland gab es in der Softdrink-Welt neben den üblichen Verdächtigen der Großkonzerne, die mit der Extremsport-Aura aufgeladene Über-Marke „Red Bull“ und andere Energy-Drinks. Ansonsten übernahmen seit den späten 1990er-Jahren vor allem urbane Hipster die Erneuerung der Softdrink-Branche. Angefangen bei „Bionade“ und „Club Mate“ bis zu den „Fritz“-Limos und vielen Brands mehr. Diese Trinkkultur versorgte aber eher die Jungakademiker, Clubgänger und Trendsetter mit Modegetränken .

An der etwas härter ausgerichteten Hip-Hop-Kultur ging diese Entwicklung gewissermaßen vorbei oder war zumindest nicht auf sie speziell zugeschnitten. Deshalb lief Capital Bra anfangs noch mit einer „Capri Sonne Safari Fruits“ durch die Gegend, und die quadratischen, aber im Prinzip völlig uncoolen „Durstlöscher“ erfreuten sich bei den Aggro-Berlin-Kids großer Beliebtheit. Mit einer schlanken „Bionade“-Flasche würde man sich in dieser Szene wohl nicht sehen lassen wollen. Doch der Markt war da, und so kamen hippere Marken dazu, die in die Hip-Hop-Ecke schielten. Etwa die „Monster“-Produktfamilie, die sich mit schnittigem Design und aggressivem Brand Marketing an der Schnittstelle von Jugendkultur und Energy Drink positionierte.

Eine Hip-Hop-affine Jugend wurde als Zielgruppe erkannt

Eine Hip-Hop-affine Jugend wurde als Zielgruppe erkannt. Kids, die an der Nintendo Switch zocken, Deutschrap hören, gerne mal einen Joint durchziehen und sich diffus als „Gangsta“ oder „Thugs“ verstehen. Kids also, denen man Begriffe wie „Cringe“, „Sus“ und „Sheesh“ nicht erklären muss, weil sie diese Begriffe erfunden haben, und die außer „Digga“ kein anderes Wort für Freund oder Kumpel kennen.

Mit neuen Images versehener Eistee war das Produkt, mit dem die Marktlücke gefüllt werden sollte. Die Stars galten selbst als Marken, ihre Youtube-Videos wurden millionenfach angeklickt, der kapitalistischen Logik folgend wurde der Ruhm der Deutschrapper auf einen Softdrink übertragen. So konnte der Rubel rollen, bei den Musikern und den Herstellern. Win-Win.

Doch warum gerade Eistee? Dafür sprechen einige Gründe. Das Getränk ist bekannt, war aber lange noch nicht klar besetzt. Die Kids trinken oftmals keinen oder wenig Alkohol, kiffen aber gerne, und da passt der süße Trank gut dazu. Mit etwas schlauem Marketing und Social-Media-Kampagnen eroberten die neuen Eistee-Sorten schon bald die Szene.

"DirTea" der Rapperin Shirin David. Foto: Imago/Manfred Segerer
„DirTea“ der Rapperin Shirin David. Foto: Imago/Manfred Segerer

Für die Mädels brachte die deutsche Rapperin Shirin David ihren „DirTea“ in die Supermarkt-Regale. Die Sorte „Wet Peach“ ist mehr als zweideutig gemeint, das Getränk soll versaut daherkommen. Sex sells, alte Werber-Weisheit. Auch Berlins Ghetto-Rapper Nummer Eins, Capital Bra, mischt im Softdrink-Business mit. Seinen „BraTea“ kauft man im 0,75l-Tetrapak in den Geschmacksrichtungen Zitrone, Pfirsich, Melone und Granatapfel.

2020 stiegen die Mitglieder der Dresdner Crew KMN Gang Azet und Zuna ein. Ihr Erfrischungsgetränk stammt ursprünglich aus Südamerika, es heißt „White Columbia“, worauf das eine Anspielung sein könnte dürfte den Meisten klar sein, es wird in schicke Dosen mit Diamanten-Logo abgefüllt und schmecken die Drinks nach Blaubeere, Honigmelone, und Mango. Im Herbst 2021 kam auch Haftbefehl dazu. Sein „Baba HafTea“ richtet sich recht direkt an Kiffer. Neben dem beigemischten Hanf-Aroma rühmt sich der Eistee ein „Chillout Drink“ zu sein. Bong rauchen und „HafTea“ trinken, das könnte das geheime Marketing-Konzept des Herstellers Canlife Drinks lauten.

Eistee und Rap: YouTuber KidMave macht den Vergleich und probiert alle gängigen Eistee-Sorten von deutschen Rapstars.

Etwas Glamour, etwas Gangsta-Attitüde, etwas Drogen, etwas Sex. Fertig ist der Eistee-Rap-Hype! Die Sache geht auf, sonst würden nicht immer mehr Getränkehersteller die Rap-Fusion anstreben und so waghalsige Projekte angehen, wie die Einführung einer neuen Marke auf dem bitter umkämpften Softdrink-Markt wo schon so manches Label kümmerlich verreckte. Oder erinnert sich jemand noch an die „Spirit of Georgia“-Brausen aus dem Hause Coca Cola?

„Durstlöscher“ Eistee im Tetra Pak. Foto: Imago/Manfred Segerer

So lässt sich der Eistee-Hype auch erklären: Hip-Hop-Musiker waren schon immer geschäftstüchtig, ob in den USA oder hierzulande. Fusionen, Kooperationen und die Erschließung neuer Geschäftsfelder gehören dazu. Ein zweites finanzielles Standbein jenseits der Musik ist eher die Regel als die Ausnahme. Ob Kopfhörer, Klamotten oder Sneaker, wer es in dem Genre zu etwas gebracht hat, kann seinen Namen wie ein Logo benutzen und auch Produkte jenseits von Platten und Konzerttickets verkaufen.

Us-Superstars wie Dr. Dre, der Beats Electronics gründete, oder Snoop Dogg machten es vor. Snoops Name ziert unter anderem Weinflaschen, Schuhe, Socken und Jogginganzüge. Warum also nicht Eistee, wie es die Deutschrapper und Rapperinnen tun? Ob Haftbefehls Hanf-Eistee für knapp zwei Euro die Dose zum durchschlagenden Erfolg wird, muss sich aber noch zeigen, vielleicht bleiben die Kids ja doch lieber beim „Durstlöscher“.


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