Der Fahrstuhl geht auf – und plötzlich lächelt einen eine Gruppe charismatischer Jungs an: Vor drei Jahren drehten die Elevator Boys ihre ersten Videos im Fahrstuhl. Mittlerweile werden ihre Videos millionenfach aufgerufen, Hollywood-Stars wie Will Smith und Brad Pitt spielen mit. Die Elevator Boys sind der deutsche Social Media-Exportschlager der Stunde – jetzt will das Tiktok-Kollektiv auch als Boyband durchstarten. Wir haben die fünf Mittzwanziger kurz vor ihrem ersten Live-Auftritt überhaupt im Festsaal Kreuzberg getroffen.
Elevator Boys – zum ersten Mal live
tipBerlin Hey Jungs, ihr steht kurz vor eurem ersten Live-Konzert. Wie aufgeregt seid ihr?
Bene Sehr unterschiedlich. Manche haben irgendwie gar keine Aufregung, manche sind schon voll aufgeregt. Es wird auf jeden Fall eine einmalige Experience, wir haben es ja noch nie gemacht, vor irgendwelchen Leuten Live zu singen.
„Wenn die Mutti oben auf dem Balkon steht und kritisch guckt, dann kann es auch nach hinten losgehen“
Jacob
tipBerlin Letztes Jahr standet ihr im Wembley Stadion vor 80.000 Menschen, um einen Song zu promoten, nun spielt ihr im Festsaal Kreuzberg vor rund tausend Leuten. Ist das nicht doch eine leichtere Nummer?
Julien Das kann man gar nicht so krass vergleichen. Also im Wembley Stadion waren es wirklich so viele Leute, dass man es gar nicht mehr greifen konnte. In so einer kleineren Venue wie dem Festsaal Kreuzberg kann man den Leuten schon ins Gesicht schauen. Davon sollte man sich dann nicht rausbringen lassen. Das ist schon eine andere Challenge, alle Freunde und Familie sind auch da und es ist ja auch das erste Mal, dass wir wirklich live singen.
Luis Im Wembley Stadion waren wir halt Suprise Act und haben nicht wirklich gesungen, sondern nur den Song gezeigt. Jetzt ist es so, dass Freunde, Verwandte und Fans wegen uns da sind. Ich ziehe mir da nochmal mal um einiges mehr Confidence raus, dass die Leute dann wegen uns da sind.
Jacob Ich denke mir aber auch so: Wenn die Mutti dann oben auf dem Balkon steht und kritisch guckt, dann kann es auch nach hinten losgehen (alle lachen). Ne, aber wie du schon gesagt hast, die Leute sind hier, um unser erstes Konzert und den EP-Release mit uns zu feiern. Und allein deswegen wird die Stimmung schon gut und auslassen sein. Und wenn wir den ersten Song durch haben, dann geht es richtig los.
tipBerlin Nachdem ihr über TikTok zu einem globalen Internetphänomen avanciert seid, versucht ihr es seit einem Jahr nun auch mit Musik. Wie groß ist der Druck, einen ähnlichen großen Erfolg zu erzielen?
Tim Es gibt schon eine gewisse Fallhöhe mit der Musik, aber wir haben es von Anfang sehr ernst genommen. Wir hatten erstmal ein Jahr lang Vocal Coachings, bis wir überhaupt unseren ersten Song rausgebracht haben. Dementsprechend versuchen wir, alles richtig zu machen – es ist wirklich seit zwei Jahren unser Traum, zu einer großen Boyband zu werden. Und ich glaube, morgen markiert da einen ganz wichtigen Schritt. Wenn wir diese Schwelle übertreten haben, was greifen wir als nächstes an? Das EP-Release und das Konzert sind ein ganz entscheidender Grundbaustein für alles, was jetzt kommt.
Von Italien bis Südkorea: Fans aus aller Welt kommen zum ersten Konzert der Elevator Boys
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tipBerlin Gibt es denn schon Überlegungen, eine Tour zu spielen?
Bene Noch nichts konkretes, aber natürlich ist das ein Traum. Und morgen ist das der erste Baustein davon. An unserem ersten Konzert wird sich alles messen: Wie es sich anfühlt, wie viel Spaß es macht.
Jacob Ich glaube, es ist auf jeden Fall, was wir für die Zukunft sehen – wenn man darüber nachdenkt, dass allein für dieses Konzert Leute extra aus Amerika anreisen, aus England, aus Italien. Ich habe mitbekommen, dass eine Person auch aus Südkorea anreist. Ich glaube, da sieht man schon, wie gut die Resonanz ist, es auch in die Welt rauszutragen.
tipBerlin Ihr sagt ja selber von euch, dass ihr eine eine Boyband seid. Wie viel Backstreet Boys und Take That stecken denn in euch?
Bene Ich glaube, gar nicht mal so viel. Wie versuchen schon, unser eigenes Ding zu finden, aber natürlich sind das krasse Vorbilder für uns. Aber es war tatsächlich gar nicht so unsere Zeit. Wir haben als Kinder eher One Direction mitbekommen.
Tim Der Cheerleader-Effekt steckt aber natürlich auch in uns.
Auf der neuen EP „Scared to Love“ geht es Schnelllebigkeit und Bindungsängste
tipBerlin Lasst uns kurz über euer Musikvideo zur Single „Ruin Me“ sprechen: Am Ende des Videos sieht man ein Buch mit dem Titel „Digital Issue“. Welche Rolle spielt das Thema der Digital Issues auf euer neuen EP?
Jacob Eine Große. Mit dem „Digital Issue“ wollten wir zum einen ein Magazin als digitale Ausgabe rauszubringen: ein Behind The Scenes, wie wir „Ruin me“ produziert haben, wie wir den Song aufgebaut haben, was hinter den Lyrics steckt. Die Underlying Message war aber das digitale Problem unser Zeit. Was in unser Generation sehr viel mit reinspielt, sind Influences von Social Media, neue Ideale, aber auch Probleme wie Dating Apps, die das Dating unser Generation sehr schwer machen, weil man selten das Gefühl hat, zufrieden zu sein. Viele Menschen haben das Gefühl, dass es noch was besseres da draußen geben könnte, und möchten sich nicht festlegen. Es spielen aber noch andere Sachen mit rein, Bindungsängste etwa. Es ist in unser Generation schon viel ins Wanken geraten, das haben wir versucht, mit dem „Digital Issue“ darzustellen.
Luis Ich glaube die EP lässt sich so zusammenfassen, dass es um Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen und deren Schwierigkeiten unserer Generation geht. In „Scared to Love“ zum Beispiel geht es um die Bindungsängste, die man hat: Dadurch, dass alles so schnelllebig ist, dass auf Social Media die Ideale so verschwimmen, sodass man nicht mehr weiß, worauf es in der Liebe wirklich ankommt.
Jacob In „Ruin me“ geht es auch darum, toxische Beziehungen einfach abzuschließen. Damit wollten wir die Leute auch empowern; indem wir sagen: „I dont wanna ruin me for you“, weil man auch manchmal Leute um sich herum hat, die einem nicht gut tun. Genau wie der Song „Insecure“: Man ist vielleicht zu einem Internet-Rambo geworden, man stellt sich auf Social Media cool dar und textet selbstbewusst. Aber wenn man dann wirklich an der Bar vor der Person steht, die einen flasht, hat man dann überhaupt den Mut, die Person anzusprechen? Weiß man, wie man im Real Life noch redet?
„Allein in Berlin waren wir schon in acht verschiedenen Studios“
Luis
tipBerlin Für eure erste EP wart ihr zwei Wochen lang im Songwriting-Camp in Südafrika, dort sind rund 60 Songs entstanden. Wie entscheidet man sich zu fünft für sechs Songs, die am Ende auf der EP landen?
Tim Ganz viel diskutieren tatsächlich.
Luis Aber wie haben wir es wirklich gemacht?
Julien Wir haben ’ne interne Erhebung, ’ne Studie gemacht.
Tim Mit all unseren Freunden, unsere Familie und den Kontakten, deren Musikgeschmack wir schätzen. Denen haben wir ein Ranking zukommen lassen, mit unser internen Top Ten der Songs, um dann zu schauen, wie die Songs ankommen.
Luis Die Top Ten konnten die Leute dann ranken. Das war aber nicht die endgültige Entscheidung, sondern hat uns nur ein Gefühl gegeben, zu was die Leute viben.
Jacob Doch das war die endgültige Entscheidung, weil unsere Einschätzung eins zu eins mit der, was die Leute da draußen uns gegeben haben, übereingestimmt hat.
tipBerlin Das Songwriting-Camp war in Kapstadt, richtig?
Bene Genau, das war ganz am Anfang, da haben wir unseren Day One-Vocal Coach mitgenommen, unsere allerersten Songs wurden in Los Angeles gemacht. Dann haben wir entschlossen, dass wir ne Boyband werden und dann sind wir nach Kapstadt ins Songwriting-Camp.
Jacob In London haben wir auch Songs aufgenommen.
Bene Und von diesen Anfangen haben es zwei auf die EP geschafft.
tipBerlin Kapstadt, Los Angeles, London…welche Rolle spielt denn Berlin für eure Musik?
Luis Die meisten Songs haben wir hier gemacht. Wir haben auch alle Demos re-recorded und mittlerweile unser Stammstudio gefunden, wo wir oft hingehen. Allein in Berlin waren wir in acht verschiedenen Studios. Dort haben wir dann auch unseren Vocal Engineer und unseren Producer sitzen und versuchen mit denen unsere Songs zur Perfektion zu treiben. Von manchen Songs haben wir 12 Versionen, bis wir dann zufrieden damit waren. Berlin spielt für uns schon einige riesige Rolle, deswegen spielen wir hier auch unser erstes Konzert. Wir wohnen mittlerweile seit knapp drei Jahren hier, Berlin ist in unserem Herz.
Tim Es ist unser Zuhause.
Mit welchen Musiker:innen die Elevator Boys das nächste Fahrstuhl-Video drehen wollen
tipBerlin Viele Deutsche, die sehr erfolgreich wurden, sind irgendwann in die USA ausgewandert. Könnt ihr euch vorstellen, irgendwann Deutschland zu verlassen?
Luis Ich glaube, wir schließen es nicht komplett aus, aber aktuell ist Deutschland für uns ’ne gute Base. Wir fühlen uns hier einfach wohl mit unseren Freunden und Verwandten. Aber es kommt auch drauf an, was für ein Need da ist: Gerade haben wir viele Fans hier, und so versuchen wir einfach zu pendeln. Wir sind oft in Amerika, in New York und Los Angeles, manchmal auch in Miami und versuchen dort für ein, zwei Monate, Präsenz zu zeigen.
Jacob Internationale Songwriter zum Beispiel.
Luis Internationale Songwriter sind einfach super wichtig für uns. Gerade haben wir in Los Angeles viel mit dem Producer J-Heart gearbeitet, der auch viel für Justin Bieber geschrieben hat. Wir versuchen auch ein bisschen, den ganzen Globus abzudecken, gerade waren wir auch in Südkorea und in London.
tipBerlin Mit welchem Berliner oder Berlinerin würdet ihr denn gerne mal ein typisches Elevator Boys-Video drehen?
Bene Shirin David.
Luis Wohnt die überhaupt in Berlin?
Jacob Ikkimel.
- Elevator Boys „Scared to Love“ (Elevator Boys Music)
Mehr Musik
Vier der fünf Elevator Boys kommen aus Hessen – unsere Autorin Leonie Kratz ebenfalls. Sie hat darüber berichtet, wie sich der Umzug aus einem Kuhkaff in Hessen nach Berlin anfühlt. In Berlin angekommen, haben die Elevator Boys eine WG in Charlottenburg gegründet – die schönsten Kieze und spannendsten Ecken des West-Berliner Stadtteils findet ihr hier. Die Elevator Boys sind vor allem via TikTok berühmt geworden und treten jetzt auch als Boyband auf. Mit welchen TikTok-Stars aus Berlin wir über die Musikszene und das Videoportal gesprochen haben, lest ihr hier. Generell gibt es in Berlin fast jeden Tag coole Konzerte: Unsere Tipps für Livemusik bekommt ihr wöchentlich in den Konzerten der Woche. Noch mehr Konzerttipps, Interviews und Rezensionen findet ihr in unser Rubrik Konzerte & Party.