Funny van Dannen hat Songs über Tränen beim Konzert von Nana Mouskouri, eine flache Ratte, die Aspekte der Schilddrüsenunterfunktion, lesbische schwarze Behinderte, menschenverachtende Untergrundmusik und die Freunde der Realität geschrieben. Der Liedermacher und Schriftsteller wuchs an der niederländischen Grenze auf und zog 1978 nach Berlin, er spiele anfangs in Punk- und Jazzbands, wollte Künstler werden und griff in den späten 1980er-Jahren endgültig zur akustischen Gitarre, bei der er geblieben ist. Mit wunderschöner Stimme und zu fein gezupften Melodien beglückte er drei Jahrzehnte lang seine Fans.
Das ist nun vorbei, gerade erschien mit „Songs to go“ sein letztes Album. Und nach der Tour verkündete er seinen Abschied von der Musik. Wir sprachen mit Funny van Dannen über die Entscheidung, Geld, Erfolg und die Zukunft.
Funny van Dannen: „Ich habe es lang genug gemacht“
tipBerlin Funny van Dannen, der Anlass für unser Gespräch ist ja nicht nur deine neue Platte „Songs to go“, die gerade bei Trikont herausgekommen ist, sondern auch die Nachricht, dass du aufhörst. Keine neuen Platten, keine Konzerte mehr, es ist vorbei mit der Musik. Hast du keine Lust mehr?
Funny van Dannen Ach, keine Lust würde ich nicht sagen. Aber ich habe es lang genug gemacht. Ich sitze mittlerweile 30 Jahre in diesem Stil. Das reicht mir.
tipBerlin Du bist jetzt 66, das ist ja das Renteneintrittsalter.
Funny van Dannen Ja, aber ich bin eigentlich noch ganz gut beieinander. Ich hätte wahrscheinlich auch weitermachen können, aber ich hatte schon vor ein paar Jahren das Gefühl, dass es gut ist. Dann kam Corona dazwischen, und ich wollte nicht einfach sang- und klanglos verschwinden. Also habe ich noch ein paar Tourneen gemacht, und jetzt habe ich das Gefühl, dass es okay ist. Die CD-Zeit ist ja eh vorbei. Heute zahlt man praktisch drauf bei der Albumproduktion.
tipBerlin Aber mit Konzerten könnte man doch noch Geld verdienen, oder?
Funny van Dannen Ja, mit Konzerten geht das natürlich. Aber wenn man älter wird, wird die Stimme nicht besser, und insgesamt wird man nicht fitter. Man muss sich das ganze Jahr über fit halten, was mehr Arbeit ist, als viele denken. Die Leute glauben, man steigt mal kurz auf die Bühne, singt ein Stündchen, und das war’s. Aber da steckt schon mehr dahinter. Die Stimme ist ein empfindliches Organ. Die letzte Tour war auch anstrengend, ich war die ganze Zeit krank. Zwei Wochen vor Tourstart hatte ich eine Erkältung und dachte: ‚Prima, das hast du hinter dir‘, aber es ging die ganze Zeit weiter. Jeden Abend stellte sich die Frage, ob es morgen noch gehen würde. Ich musste Hamburg absagen, das war nicht schön. Trotzdem waren die Konzerte selbst prima.
tipBerlin Du sagst, du hast das jetzt 30 Jahre gemacht, und bist jetzt am Ende angekommen. Findest du, die Form „Mann mit Gitarre“ ist auserzählt?
Funny van Dannen Nein, das glaube ich nicht. Jeder Mensch, der auf die Bühne geht, kann es wieder interessant machen. Das ist eine zeitlose Form, die ich persönlich immer spannend finde. Aber für mich ist es jetzt genug. Ich war immer allein unterwegs, was schön war, aber es gab nicht viele Möglichkeiten, etwas zu variieren. Mit einer Band wäre das anders, da hätte ich freier arbeiten können. Aber das wäre zu teuer und zu aufwendig gewesen, also blieb ich Soloperformer.
tipBerlin Du hast nicht nur performt, sondern natürlich auch Songs geschrieben. Wenn dir etwas durch den Kopf ging oder dich etwas geärgert hat, wurde oftmals ein Liedtext daraus. Wird dir dieser kreative Prozess fehlen und die Resonanz des Publikums?
Funny van Dannen Vielleicht ein bisschen. Aber ich bin nicht so mitteilungsbedürftig. Es war immer schön, wenn ich ein Lied hatte, von dem ich dachte, dass es den Leuten etwas geben könnte. Aber ich glaube, ich werde es nicht vermissen.
tipBerlin Vor der Musik wolltest du eigentlich Maler werden. Kehrst du jetzt, nach dem Ende der Musikkarriere, zur Kunst zurück?
Funny van Dannen Wer weiß, aber ich mache auch andere Sache jenseits der Musik, das war schon immer so und das will ich auch weiterverfolgen. Ich schreibe immer noch meine Poesiealben, obwohl ich vor einem halben Jahr dachte, jetzt ist Schluss. Aber es macht mir Spaß. Es sind viele Notizhefte, Malblöcke und klassische Poesiealben, wie man sie früher bei Woolworth kaufen konnte. Ende der 1990er habe ich mal ein Buch daraus gemacht – mit Bildern, Gedichten und Geschichten. Aber im Druck kommt das nicht so rüber wie im Original. Ich werde aber auch weiterhin Lieder schreiben und singen – für mich selbst. Vielleicht auch meine Kunst archivieren und ausstellen. Ich habe viel Material, das ich sortieren muss, vielleicht mache ich einen Katalog und sehe, ob jemand Interesse hat. Eine Ausstellung wäre schön, aber der Kunstbetrieb ist so eine Sache, da stehen ja viele Leute an, die auch was ausstellen wollen.
Funny van Dannen: „Ich hatte nie riesige Charterfolge oder große Publikumsmassen, aber es lief stabil“
tipBerlin Gibt es aus den 30 Jahren musikalischer Karriere Höhepunkte oder Tiefpunkte, die dir einfallen?
Funny van Dannen Eigentlich nicht. Es ging immer schön voran. Ich hatte nie riesige Charterfolge oder große Publikumsmassen, aber es lief stabil. Klar, Corona war schwierig, da kamen weniger Leute. Am Anfang war es so, dass sich die erste Platte nicht gut verkauft hat, weshalb ich auf die Bühne musste. Ich war nicht scharf darauf, vor allem nicht, nachdem ich Familie hatte. Aber mit den Konzerten hat es funktioniert, so konnte ich Geld verdienen. In den 1990ern sagte meine Frau: „Jetzt geht’s auf die Ochsentour.“ Und so war es auch.
tipBerlin Viele Künstler, die kommerziell nicht so viel Erfolg hatten, klagen, dass sie bis zum Lebensende arbeiten werden müssen, weil sie nichts angespart haben und keine Rente auf sie wartet. Das ist bei dir offenbar anders, du kannst mit 66 sagen, nun ist Schluss. Wie kommt das?
Funny van Dannen Ich habe gut geheiratet (lacht). Nein im Ernst, das Musikgeld war nie üppig. Ich habe etwa drei Euro pro CD verdient – der Rest ging an Hersteller, Vertrieb und Plattenfirma. Auch die Gagen bei Live-Auftritten waren oft bescheiden, besonders wenn man keine Band dabeihatte. Aber ich habe gut gewirtschaftet, ein paar Bücher geschrieben und ab und zu ein Bild verkauft. Das reichte.
tipBerlin Was war dein größter finanzieller Erfolg?
Funny van Dannen Ironischerweise das „Bayern“-Lied, das ich mit Campino geschrieben habe und das Die Toten Hosen 1999 rausgebracht haben. Gerade dieser Song brachte mir so viel Geld ein, dass ich mir davon ein Auto kaufen konnte. Obwohl ich so viele liebevolle Songs geschrieben habe, ist ein Lied, das als Hass-Lied interpretiert wurde, mein größter Erfolg. Aber so ist es eben.
tipBerlin Warum gibt es zum Abschied nicht ein großes Konzert?
Funny van Dannen Ich lasse mich nicht gerne feiern, auch nicht an Geburtstagen. Ein großes Abschiedskonzert hätte nicht zu mir gepasst. Die letzte Tour hieß „Songs to go“, das sagte ja schon alles.
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