Musik

Die Musikerin Jinka vereint Glamour, Pop und Politik

Die Musikerin Jinka vereint in ihren Texten Gegensätze – zwischen Glamour, Pop und Politik bewegt sie sich musikalisch zwischen Größen wie Kate Bush, Grimes und Charli XCX und schafft dabei etwas radikal Eigenes. Mit ihrem „Trap Sleaze“ thematisiert Jinka in ihrer Musik nicht nur Ästhetik, sondern auch Feminismus, Körperbilder und Solidarität unter FLINTA-Personen.

Schon als Kind war Jinka musikbegeistert – richtig durchgestartet ist sie aber erst in Berlin. Foto: Lexi Thanee

„Mich inspiriert nicht das stereotypische Club-Berlin“

„Berlin spielt für meine Musik eine Rolle, aber wahrscheinlich nicht so, wie man das erwarten würde“, sagt die Musikerin Jinka, wenn man sie nach ihrer Beziehung zur Hauptstadt fragt. „Mich inspiriert nicht das stereotypische Club-Berlin, sondern die Kontraste, die man hier überall findet – zum Beispiel zwischen sleazy Moabit oder Wedding.“ Musikalisch gestartet ist Jinka weit entfernt vom Berliner Westen. Die Künstlerin wuchs in Franken auf und war schon als Kind musikbegeistert: „Wenn mich meine Eltern in die Oper mitgenommen haben, habe ich catchy Melodien tagelang nachgesungen – die haben sich sofort eingebrannt.“

Schon früh war die Künstlerin im Kinderchor, hat mit Bands im Gartenhaus ihrer Eltern geprobt, Klavier und E-Gitarre gespielt. Richtig durchgestartet ist Jinka aber erst, nachdem sie aus Fürth weg war. Stichwort: Berlin. Doch eher untypisch zieht es die junge Künstlerin nicht nach Friedrichshain, Kreuzberg oder Neukölln. „Ich bin eher in Hoods unterwegs, wo Menschen anders sind als ich. Charlottenburg, Moabit, manchmal auch Lichterfelde. Für ein gutes Dinner traue ich mich aber auch mal nach Mitte“, sagt sie weiter.

Jinkas Musik lässt sich irgendwo zwischen Kate Bush, Grimes und Charli XCX einordnen

Ihr Debütalbum „No Anything Else“ hat Jinka 2020 veröffentlicht – mit „Träume“, „Orange“ und „Bunny Hop“ folgten drei weitere. Ihren Sound beschreibt die Wahlberlinerin als einen „Bloghouse-coded Mix aus Trap-Drip und der Sleaze-Ästhetik der späten 2000er und frühen 2010er-Jahre“. Sie selbst nennt das „Trap Sleaze“, ein Begriff, den in den USA auch Artists wie Diet Rave Star oder Ava Lions nutzen. Diese Richtung charakterisiere sich laut Jinka durch eine „campy“ Sprache, ist „over the top feminine“ und bewege sich irgendwo zwischen „thrifted, distressed Glam“ und einem „geeky Myspacecore“. Genauer gesagt heißt das, dass sich die Musik der Künstlerin irgendwo zwischen Kate Bush, Grimes und Charli XCX einordnet. „Wenn man Themen benennen will, dann sind meine Lyrics und meine Künstleridentität eine Hyperperformance von Sexualität, Feminität, Popkultur-Referenzen und Fashion“, sagt sie weiter.

Erst kürzlich erschien Jinkas neuer Song „Dirty Spree“. Foto: Lexi Thanee

Erst kürzlich erschienen ist Jinkas neuer Song „Dirty Spree“, den sie als erste Single „einer neuen Ära“ bezeichnet. In der Trap-Sleaze-Hymne, die mit Popkultur-Referenzen spielt, samplet die Musikerin zum Beispiel die Lyrics von Christina Aguileras Hit „Lady Marmalade“. Über allem liegt so etwas wie ein „Parental-Advisory-Sticker“ – auch, weil die Musikerin in der Realität oft mit Zensur konfrontiert wird: „Von meinem Musikvideo gibt es zum Beispiel eine unzensierte und eine zensierte Version, weil ich in einer Badewanne liege und man Nippel sieht. Ich finde das schade, weil es einfach nur ein ganz normaler Körper ist – und ich glaube, es ist wichtig, dass sich Frauen auch in solchen Bildern repräsentiert fühlen können. Mir selbst gibt es immer ein besseres Körpergefühl, wenn ich in den (sozialen) Medien Frauen sehe, die nicht zu 100 Prozent einem eurozentrischen, von Männern gemachten Schönheitsideal entsprechen“, sagt die Künstlerin weiter.

Sexismus, Ageism, Male Gaze und Gesellschaft

Dass Sexismus und auch Ageism in der Musikindustrie weit verbreitet sind, habe Jinka schon sehr früh mitbekommen: „Allein durch die Sprache, in der manche Manager oder Produzenten über Künstlerinnen geredet haben. Das hat mir Stück für Stück Komplexe gemacht und Ängste eingepflanzt, die ich eigentlich gar nicht haben müsste.“ Beides – Sexismus und Ageism – sind im Musikbusiness noch immer tief verankert, auch wenn sich langsam etwas bewegt. „Viele junge Frauen lernen sehr früh, sich über ihr Äußeres und den Male Gaze zu definieren – und wenn sie dem nicht entsprechen, fühlen sie sich, als hätten sie versagt. Über solche Dinge habe ich mir lange keine Gedanken gemacht. Das war ein Luxus, den viele andere FLINTA-Personen nicht haben – nicht, weil sie es nicht wollen, sondern weil die Gesellschaft ihnen diese Sicht auf sich selbst aufzwingt“, sagt sie weiter.

Politisiert habe sich Jinkas Musik durch Machtstrukturen im Business aber nicht grundlegend: „Meine Songs sind keine politischen Pamphlete. Aber ich glaube, dass in der Hyperperformance von Sexualität, Glamour und Camp immer auch gesellschaftliche Themen verhandelt werden – es geht um Rollenbilder, um Erwartungen und darum, wie und warum man ihnen nachgibt, im positiven wie im negativen Sinne“, erklärt die Künstlerin. Insgesamt gehe es ihr stark um die Solidarität unter FLINTA-Personen: „Im ‚Dirty Spree‘-Video gibt es diese Szene, in der die Girls mich aufheben – das steht genau dafür. Alle, die dort mitspielen, sind selbst Producerinnen. Das war mir wichtig: Female Collaboration sichtbar machen und ein anderes Bild als das Konkurrenzdenken in der Szene zeigen.“


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