Festival

Mania D., Malaria! und Matador – Ein Festival feiert die West-Berliner Subkultur

West-Berlin in den 1980er-Jahren: Ein opulenter Bildband und ein Festival im Silent Green feiern die All-Female-Bands Mania D., Malaria! und Matador. Heute kennt man vor allem den Hit „Kaltes, klares Wasser“, doch die Bands um Gudrun Gut haben die Weichen für eine offenere Popwelt gestellt. 

Die Nachfolgeband von Malaria! – Matador (oben), gegründet von Gudrun Gut, Manon P. Duursma und Beate Bartel. Foto: Peter Gruchot
Die Nachfolgeband von Malaria! – Matador (oben), gegründet von Gudrun Gut, Manon P. Duursma und Beate Bartel. Foto: Peter Gruchot

Bei Malaria! ging es um Selbstermächtigung, Geschlechterrollen und künstlerische Unabhängigkeit

Die Geschichte führt 40 Jahre zurück und könnte heute nicht aktueller sein. Es geht um Selbstermächtigung, Geschlechterrollen und künstlerische Unabhängigkeit. Als Gudrun Gut, Beate Bartel, Karin Lunar und Eva-Maria Gößling mit ihrer ersten Band Mania D. in Erscheinung traten, glich die Gründung einem emanzipatorischen Akt. Denn auch im West-Berliner Underground gaben Männer den Ton an. 

Doch in Zusammenhängen eines Alice-Schwarzer-Feminismus der 1970er-Jahre waren die experimentell-kühlen Stücke, die im Kontext von Punk, Postpunk und New Wave entstanden, nicht vermittelbar. Zu sperrig, zu provokant, zu individuell. Obwohl man die „explizit weibliche Sichtweise“ anerkennen musste, war es kein Stoff für die Frauenbewegung. Hier ging es um Gegenpositionen. Zum Männerrock, zum Männerpunk, zum Mainstream, zum Markt. 

Mania D. ist damit der Ausgangspunkt jenes M-Universums, in dem Frauen das Sagen hatten. Alle nachfolgenden Projekte und Gruppen sollten ebenfalls mit dem Buchstaben M beginnen. Dies hielten die Musikerinnen gar vertraglich fest. Malaria!, Matador, auch Gudrun Guts Labels Moabit und Monika. Immer wieder das M. 

Beschäftigung mit dem „Gesamtzusammenhang des M-Wesens“

Eine Reproduktion des M-Vertrags findet sich neben Dutzenden Fotos, Plakaten, Flyern, Interviews und Artikeln in dem beim Ventil Verlag für November angekündigten Bildband „M_Dokumente“. Begleitet wird die Publikation vorab von einem Festival im Silent Green, bei dem die Protagonistinnen sowie Mitstreiter und Mitstreiterinnen in Form von Talks, Konzerten, Performances, DJ-Sets und Filmvorführungen, die M-Bands und ihre Derivate ausleuchten. 

Buch und Festival erlauben damit eine Beschäftigung mit dem „Gesamtzusammenhang des M-Wesens“ (wie der Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen im Vorwort der „M_Dokumente“ feststellte) und schließen zugleich eine Lücke in der West-Berliner Subkultur-Geschichtsschreibung. 

Diese Geschichte führt in den Schöneberger Modeladen Eisengrau, in dem alles seinen Anfang nahm, wo Blixa Bargeld hauste, Strickmode entstand und die Szene der Genialen Dilletanten, wie die Ära heute genannt wird, keimte. Sie führt zum Plattenladen von Burkhardt Seiler, besser bekannt als Zensor, und ins Risiko, SO36 und zur Documenta nach Kassel. Von dort reicht die Geschichte des M-Gesamtzusammenhangs jedoch ins Hier und Jetzt, fernab einer Früher-war-alles-besser-Haltung.

Denn der Überdruss an Konventionen, – ästhetischen, sozialen oder geschlechterpolitischen – ist ebenso wie die Suche nach eigenständigen Ausdrucksmitteln heute gleichermaßen relevant wie vor 40 Jahren. Die Netzwerke, Szenen und Haltungen, aus und in denen Gut, Bartel, Köster und die anderen operierten, die Mechanik des Undergrounds also, haben sich nicht maßgeblich verändert – und auch nicht die Geschlechterverhältnisse oder die Notwendigkeit, das System anzuzweifeln.

Aus dem Wissen um die Geschichte, das sich in solchen dokumentarischen Projekten manifestiert, lassen sich in der Gegenwart Strategien entwickeln, wie die vorgegebene Situation verändert werden kann. Und muss. Das lässt uns der Gesamtzusammenhang des M-Wesens begreifen.

M_Dokumente, all about MANIA D., MALARIA!, MATADOR Silent Green Betonhalle, Gerichtstr. 35, Wedding, 21.–24.10., jeweils ab 18 Uhr, VVK 13,50 €. Tickets gibt es hier.


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