Hip-Hop

Rap über Berlin: Die prominentesten Orte in Hip-Hop-Texten

Rap über Berlin bezieht sich oftmals auf konkrete Orte. Kottbusser Tor, Kurfürstendamm, Risa Chicken: Sie alle kommen immer wieder in Berliner Rap-Texten vor. Deutschrap und die Hauptstadt führen nun mal eine symbiotische Beziehung. Und im Hip-Hop ging’s ja schon immer um den Kiez, die Straße, den Block. Aus jedem Bezirk melden sich spannende Rapper:innen zu Wort und repräsentieren eine andere Gegend und einen anderen Lifestyle. Wir haben uns angeguckt, welche Orte im Rap in Berlin am häufigsten vorkommen und somit die Stadt in der Szene am besten repräsentieren.

Der berühmteste Sohn der Plattenbausiedlung. Sido im Märkischen Viertel. Foto: Imago/Michael Hughes

Kreuzberg 36: Das Kottbusser Tor

„Stapf‘ durch die Kotze am Kotti, Junks sind benebelt, Atzen rotzen in die Gegend, benehmen sich daneben“, Peter Fox – Schwarz zu blau

Das Kottbusser Tor ist eines der beliebtesten Orte, wenn es im Rap über Berlin um Drogen, Dreck und Armut geht. Aber auch liebe zum Kiez ist ein Thema. Foto: Imago/Joko

Diese Line von Peter Fox beschreibt wohl das, was für viele den Kotti ausmacht. Berlins Drogenumschlagplatz mit Spritzenautomat, auf dem es nach Pisse riecht und die Taubenscheiße wahrscheinlich so giftig ist, dass man beim Vorbeigehen die Luft anhalten sollte. Trotzdem, oder wohl gerade deswegen, ist es einer der bekanntesten Berliner Orte und wird im Rap über Berlin vor allem genutzt, um zu zeigen, dass es mitten in der Hauptstadt des wohlhabenden Deutschlands Armut, Drogen und Dreck gibt. Nicht nur Peter Fox, sondern auch Ufo361, Juju, K.I.Z, Capital Bra, Massiv und Pashanim rappen in ihren Texten über den Platz in Kreuzberg.


Schöneberg: Apostel-Paulus-Kirche

„Nenn mich Winston, wenn ich an der Church chill“, BHZ –  Hoodparadies

Rap über Berlin: Apostel-Paulus-Kirche, Schöneberg, bei BHZ perfekt zum Church chillen. Foto: Imago/Schöning

Die „Church“, so wie die Jungs von BHZ (Bananahaze) die Apostel-Paulus Kirche gerne nennen, steht in Schöneberg. Die Hip-Hop Gruppe, die inzwischen fest in der deutschen Rapszene verankert ist, schrieb mit „Hoodparadies“ eine Hommage an ihren Kiez. Das war zu Anfang ihre Karriere, doch auch jetzt noch tauchen die Orte immer wieder in ihren Texten auf und geben den Zuhörer:innen einen Einblick in das Leben der Künstler aus Schöneberg.


Rap über Berlin: Der Stadtteil Mitte

„Zu viele Kripos in Berlin-Mitte“, Luciano – Kaputze Tief

In den Reichstag will wohl niemand aus dem Rap-Business. Außer Bushido, aber der ist ja sowieso nicht mehr kredibel. Foto: Imago/YAY Images

Mitte wird in Rap-Texten über Berlin zwar oft erwähnt, der Stadtteil kommt im Rapgame aber eher schlecht weg. Da wohnen die Künstler:innen des Sprechgesanges einfach nicht. Und die teure Gegend Berlins mit Bundestag und Museumsinsel ist auch einfach nicht tauglich, um das roughe Leben in der Hauptstadt widerzuspiegeln.

Mitte ist spießig und die Rapper:innen haben da keinen Bock drauf. Zudem ist der Bundestag für die Künstler:innen nicht besonders attraktiv – außer für Bushido, der da mal ein Praktikum gemacht hat, aber der ist ja sowieso nicht mehr kredibel. Um es in Jujus Worten auszudrücken: „Politik ist: wenn sich zweit Leute streiten, freut sich der Dritte, und der chillt mit sein‘ Leuten in Mitte.“ („Berliner Schnauze“)


Neukölln: Die Sonnenallee

„Bei dir heißt ‚ich fahre Richtung Sonne‘ Strand und See, bei uns heißt ‚ich fahre Richtung Sonne‘ Sonnenallee“, HK –  Olay Molay

Rap über Berlin: „Liegt Weed in der Luft und Shisha-Geruch, riecht das Fleisch nach Zimt, dann weißt du wo wir sind, in der Sonnenalle“ – „Sonnenalle“, AOB,SAID. Foto: Imago/Schöning

Die bekannte Straße, in der die Leuchtreklamen in arabischer, deutscher und türkischer Sprache flimmern, ist fast schon zum Wahrzeichen Neuköllns geworden. Mittlerweile haben auch die Yuppies die Straße in Berlin für sich entdeckt und so mischt sich inzwischen Istanbul-Flair mit VoKuHiLa-Frisuren. Zwei Parallelwelten, die nebeneinander an der selben Straße existieren.

Der Neuköllner Rapper Luvre47, den wir in Gropiusstadt getroffen haben, bringt es in seinem Song „U7 Freestyle“ auf den Punkt und schreibt: „Aus Langeweile Yuppies ärgern, Bahnhof Sonnenallee. Safe, wir spucken auf die Szene, waren davon nie Teil, An – und Verkauf, malen, mehr Sound, alles zeitgleich.“


Rap über Berlin: Risa Chicken Berlin

„Lass mir Risa-Chicken lieber frisch frittiert aufs Zimmer schicken“ , Estikay –  Non Chalant

Die Berliner Kette Risa Chicken erfreut sich unter den Rapper:innen an großer Beliebtheit. Foto: Imago/Emmanuele Contini

Chicken Wings, Chicken Nuggets oder ein ganzes Hähnchen? Die Berliner Fast-Food-Kette Risa Chicken, die halales Hähnchen nach allen möglichen Zubereitungsarten verkauft, wurde 2004 gegründet und hat inzwischen sechs Filialen in ganz Berlin. Unter den Rapper:innen Berlins erfreut sich das Lokal großer Beliebtheit und ist durchaus in einigen Rapsongs über Berlin vertreten. Neben der Filiale in Neukölln ist die bekannteste wohl die in der Schönhauser Allee. Schmeckt besonders gut mit Estikay auf den Kopfhörern.


Rap über Berlin: Der Wannsee

Woll’n aus der Gosse zieh’n, Grundewald oder Wannsee“ ,Kalazh44 –  Subutex

Die Villen am Wannsee sind wohl DAS Symbol für den sozialen Aufstieg. Foto: Imago/Schöning

Sozialer Aufstieg! Das ist, wofür der Wannsee steht. Villen, Wasser, Wald: Für viele Berliner:innen ist es eine kleine Auszeit die einem die Stadt bietet, für einige Rapper:innen das Nonplusultra, um zu zeigen, dass man es raus aus der Gosse geschafft hat. Der See im nobelsten Bezirk Berlins steht im Deutschrap für Reichtum und symbolisiert den Ort, wo viele gerne hinwollen. Nach oben.

Der Wannsee hat aber auch für Kurz-Urlauber:innen viel zu bieten, das sind die besten Tipps um sich selbst einen Eindruck des großen Wannsees zu machen.


Kreuzberg: Der Görlitzer Park

„Neben der Moschee am Görli kannst du Gras kaufen“, Juju –  Winter in Berlin

Polizisten kontrollieren im Görlitzer Park vermeidliche Drogendealer. Stigmatisierung nennt man das. Foto: Imago/Olaf Wagner

„Willst du Weed kaufen? Geh in‘ Görli!“, würde ein Berliner wohl zu einem Touristen sagen. Und die Menschen wissen was gemeint ist. Denn auch weit über die Grenzen der Stadt hinaus ist der Park bekannt und sorgt regelmäßig für Schlagzeilen. Genau deswegen bedienen sich die Rapper:innen an diesem Image. Ähnlich wie das Kottbusser Tor wird der Ruf des Ortes genutzt, um Berlins harte Seiten aufzuzeigen. Schade, denn der Görlitzer Park hat mehr zu bieten und die Stadt bemüht sich zumindest offiziell darum, dass der Park familienfreundlicher wird.


Rap über Berlin: Der Kudamm

„Vom Traphouse zu High-Fashion am Ku’damm“, Jamule –  Rooftop

Rap über Berliner Orte: Das KaDeWe dient als Metapher für sozialen Aufstieg. Wer hier shoppen gehen kann, der hat’s geschafft. Foto: Imago/Schöning

Wer im KaDeWe shoppen gehen kann, der hat Geld! Und wer mit seiner dicken Karre durch die Stadt cruisen möchte, um zu zeigen, wie viel Goldbarren inzwischen auf der Bank liegen, fährt einmal über den Ku’damm. So war das schon immer, wie diese historischen Bilder zeigen. In der Kunst des deutschen Sprechgesanges wird der Charlottenburger Einkaufsboulevard genutzt, um zu zeigen, dass man eine Erfolgsgeschichte schreibt. Oder um mitzuteilen, wie gut das Drogengeschäft läuft. Naja wie dem auch sei, der Kurfürstendamm ist Berlins beliebteste Shoppingmeile, und das sind die spannendsten Läden und Boutiquen auf der Haupteinkaufsstraße in Charlottenburg. Zu denen das KaDeWe übrigens nicht gehört. Es liegt noch in Schöneberg.


Friedrichshain : Warschauer Straße

Die Hood riecht nach Kush von Warschauer bis Bersarin“, Savvy –  Puff Puff

Die Warschauer Straße verändert sich gravierend. nach Gras riecht’s aber immer noch. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Wer nach Rap aus und über Friedrichshain fragt, bekommt „Savvy!“ als Antwort. Der Künstler Savvy repräsentiert die Hood zwischen Warschauer Straße und Bersarinplatz in seinen Songs wie kein anderer. Denn das zentrale Thema seiner Kunst ist vor allem 245, sein Kiez. Er überzeugt mit Sound für die Straße, bis hin zu melodischen Songs, die einen stets in die Gefühlswelt zwischen Hoffnung und Melancholie des Friedrichshainers mitnehmen. Leider wird auch diesem Kiez gerade eine gehörigen Portion Gentrifizierung aufgedrängt.

Gegenüber des Bahnhofes Warschauer Straße wird der Amazon-Tower gebaut, die East Side Mall steht schon Jahre und Pläne für den Umbau des RAW-Geländes wurden auch schon vorgestellt. Hoffen wir, dass sich hier nicht allzu schnell, allzu viel verändert und der Ort weiterhin ein Platz für Kunst und Kultur und für Rap über Berlin bleibt.


Rap über Berlin: Das Märkische Viertel

„Doch im MV scheint mir die Sonne aus dem Arsch“, Sido –  Mein Block

Das MV in Berlin ist eine Großwohnsiedlung in Reinickendorf. Vor allem Sido repräsentiert das Viertel im Rap aus Berlin. Foto: Imago/Jürgen Ritter

„Mein Block“ ist Sidos Meisterleistung, die seitdem wohl niemandem mehr so gut gelungen ist. Denn der Song soll zwar auf die sozialen Missstände in der Hochhaussiedlung aufmerksam machen, gleichzeitig schaffte es Sido aber auch das MV so dastehen zu lassen, dass sich einige sicherlich gewünscht haben, sie wären im Block aufgewachsen. Ganz der Wahrheit entspricht der Song aber auch nicht mehr, denn alt und grau wird Sido im MV nicht mehr. Inzwischen wohnt der Rapper in einer schicken Villa außerhalb Berlins. Wird man älter, hat man mehr Geld und Kinder, dann will man dieses Leben wohl doch nicht mehr so gerne leben.

Das Märkische Viertel kommt nicht nur in Sidos und B-Tights Songs vor: Auch Benzko und Shadow030 repräsentieren die Plattenbausiedlung.


Kreuzberg 61: Der Mehringdamm

„Sie weiß, Cano ist draußen, Mehringdamm laufen, Hipster, sie kaufen, kenn‘ keine Pausen“, Pashanim – Mehringdamm laufen

Der Mehringdamm von oben. Der Kreuzberger Rapper Pashanim bringt mit seinen Texten den Mehringdamm zurück auf die Rapkarte. Foto: Imago/imageBROKER/Joko

Pashanim hat es mit seinen Songs wie „Mehringdamm laufen“, „Airwaves“ oder „Shabbabs botton“ in die Deutschen Charts geschafft und somit Kreuzberg 61 wieder zurück auf die Rapkarte geholt. Der gebürtige Kreuzberger der seit 2018 Musik released, und damit seit 2019 unglaublich erfolgreich ist, generiert mehr als drei Millionen monatliche Hörer:innen auf Spotify. Er nutzt den Mehringdamm gerne, um in seinen Texten vom Leben in Kreuzberg 61 zu erzählen. Die Straße, die in den vergangenen Jahren durch Curry36 und Mustafas Gemüse Kebab zum Anziehungspunkt für Tourist:innen mutiert ist, erhält durch den Musiker wieder mehr echten Berliner Charme.

Auch in der Juni-Ausgabe des tipBerlin setzen wir uns mit dem Berliner Hip-Hop auseinander. Diesmal geht es um Hip-Hop-Acts und ihren Bezug zum eigenen Kiez. Mit RapK in Kreuzberg, Shacke One in Pankow oder FaulenzA in Friedrichshain: Die Berliner Hip-Hop-Geschichte ist noch längst nicht zu Ende erzählt.


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Ihr seid Hip-Hop-Fans? Dann solltet ihr diese Rapper aus Berlin auf jeden Fall kennen. Rap und Berlin gehören einfach zusammen: Die Berliner Hip-Hop-Geschichte in Bildern. Mehr Geschichten über Musik in und aus Berlin findet ihr hier. Lust auf Live-Musik? Das sind die besten Konzerte der Woche. Unsere Hip-Hop-Ausgabe gibt es ab dem 25.6. im Shop. Noch mehr Events findet ihr in unseren Tagestipps.

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