Interview

Sofia Portanet: „Klar will ich auch Erfolg haben!“

Als 2020 das Debütalbum von Sofia Portanet erschien, galt die Sängerin über Nacht als die Berliner Popsensation des Jahres, dann kam die Pandemie dazwischen. Jetzt ist sie auf Tour, hat mit den Thrash-Metal-Legenden Kreator an einem Song mitgewirkt und arbeitet derzeit an ihrem zweiten Album. Wir sprachen mit der Musikerin über die Bedeutung von Erfolg, ihre Kindheit in Paris und warum sie in Berlin (nur fast) eine Heimat gefunden hat.

Sofia Portanet. Foto: Christoph Voy
Berlins großes Pop-Talent: Sängerin Sofia Portanet, 2022. Foto: Christoph Voy

Zur Person: Sofia Portanet wurde 1989 in Kiel geboren. Die Tochter eines spanischen Vaters und einer deutschen Mutter wuchs in Paris auf und sammelte dort erste musikalische Erfahrungen im Kinderchor der Nationaloper. 2009 zog sie fest nach Berlin und arbeitet seitdem an ihrer Musik. Nach ersten EPs erschien 2020 ihr von New Wave und Post-Punk beeinflusstes Debütalbum „Freier Geist“. Portanet arbeitete unter anderem mit Gonzales und der legendären Thrash-Metal-Band Kreator. Für 2023 ist ihr zweites Album angekündigt.

Sofia Portanet: „Ich hatte noch nie, auch als Kind nicht, eine andere Vision, als Sängerin zu sein“

tipBerlin Frau Portanet, wollten Sie schon immer Musikerin werden? 

Sofia Portanet Tatsächlich schon immer. Ich hatte noch nie, auch als Kind nicht, eine andere Vision, als Sängerin zu sein. Was später hinzukam und sich erst mit der Zeit herausgestellt hat, war, dass ich auch selber schreiben und produzieren möchte. Mein Vater ist auch Musiker, ich bin in Paris aufgewachsen und er hatte im Keller ein Studio mit Achtziger-Jahre Synthesizern. Als kleines Mädchen habe ich da unten an diesen Instrumenten herumgespielt. Die Leidenschaft war aber der Gesang.

tipBerlin Ihr Vater war Berufsmusiker?

Sofia Portanet Er hat in den 1970er-Jahren Platten gemacht, als Spanier wuchs er in Portugal auf, in der Zeit der portugiesischen Revolution. Damals suchten Labels nach Musikern und EMI hat ihn entdeckt. Sein Talent ist unglaublich, wenn ich die Inspiration, Musikerin zu werden, irgendwoher habe, dann von ihm.

tipBerlin Haben Sie überlegt, mit ihm zusammen Musik zu machen?

Sofia Portanet Im letzten Jahr bekam ich die Möglichkeit, in der Deutschen Oper einen Abend zu gestalten. Da haben wir in der Tischlerei mit meiner Band und sieben Musikern von der Deutschen Oper Musik von mir und von Richard Wagner neu arrangiert und da habe ich meinen Vater involviert. Die Idee ging vom „Ring des Nibelungen“ aus und ich habe daran mit dem Thema Sehnsucht angedockt, und auf einer Platte von meinem Vater gibt es auch einen Song, der dazu passte und so standen wir erstmals im November 2021 gemeinsam auf der Bühne.

„Ich will eine Solokünstlerin wie Britney oder Christina Aguilera werden“

tipBerlin Wer hat Sie neben Ihrem Vater auch beeinflusst?

Sofia Portanet Als Kind der 1990er-Jahre bin ich mit dem Mainstream-Pop von Britney Spears, Spice Girls oder den Backstreet Boys groß geworden. Das war die Zeit der Popstars, von da an wusste ich, ich will eine Solokünstlerin wie Britney oder Christina Aguilera werden und eine gute Band um mich haben. Erst als ich nach Berlin gezogen bin, begann ich „coolere“ Sachen zu hören. Blondie, Kate Bush und Nina Hagen, die ich vorher nicht kannte, die aber zu mir und meiner Musik gut gepasst haben.

tipBerlin Sie sind in Kiel geboren, in Paris aufgewachsen, warum entschieden Sie sich, nach Berlin zu kommen?

Sofia Portanet Ich war damals 19, meine Mutter ist Deutsche und meine ganze deutsche Familie lebt in Berlin, dadurch war Berlin auch ein Stück Heimat. Ich wusste, in Paris hält mich nichts mehr und ich habe nach einem neuen Zuhause gesucht. Die Stadt kannte ich gut, weil ich auch vorher regelmäßig hier war und mit meiner Cousine durch die Gegend zog. Im White Trash in Mitte, in den Clubs, die es hier so gab, war ich schon als Teenie. Das fand ich spannend, denn Paris war im Gegensatz zu Berlin eine sehr etablierte Stadt und hier gab es Freiraum, Energie und man konnte sich das Leben  leisten. Berlin ist von Menschen für Menschen gemacht. In Paris musst Du reich sein, um eine gute Zeit zu haben.

tipBerlin Und so hat Berlin Sie auch als Künstlerin geprägt.

Sofia Portanet Einerseits ja. Der Sound meiner ersten Platte ist schon sehr von Dingen geprägt, die man Berlin zuschreibt. Underground, Elektronik und so weiter. Da ich aber international aufgewachsen bin und mit Deutsch, Englisch und Französisch auch in mehreren Sprachen singe, habe ich das Gefühl, dass ich nicht nur in Berlin meinen Platz habe. Deshalb arbeite ich auch mal in Köln oder in London und will demnächst auch mehr in Frankreich spielen oder in Spanien. Nur Berlin kann es für mich auch nicht sein. 

tipBerlin Macht es einen Unterschied, in welcher Sprache Sie singen?

Sofia Portanet Jede Sprache hat ihre Besonderheiten. Ich liebe es, auf Deutsch zu singen, weil ich gerne mit der Sprache spiele, es ist eine sehr charaktervolle Sprache. Auf Französisch fühlt es sich anders an, auch klanglich. Zu gewissen Songs passt eine Sprache einfach besser als die andere und ich bewege mich gerne zwischen den Sprachen.

„Das neue Album wird vielleicht sogar noch etwas poppiger“

tipBerlin In Ihrer Musik laufen verschiedene Genres zusammen, New Wave oder auch düstere Elemente des Gothic, im Grunde aber machen Sie Popmusik. Können Sie sich mit dem Begriff „Pop“ anfreunden?

Sofia Portanet Unbedingt! Popmusik ist geprägt von starken Melodien, Wiedererkennungswert und Ohrwurmpotential. Meine erste Platte muss man nicht sofort als Pop kategorisieren, aber ich finde trotzdem, dass sie Pop ist, weil sich all diese Aspekte darin wiederfinden. Das neue Album wird vielleicht sogar noch etwas poppiger. Aber klar ist, dass ich immer nur Musik machen werde, die ich gut finde und nicht, weil es eine Erwartung vom Markt oder vom Label gibt oder so etwas.

tipBerlin Was bedeutet Ihnen Erfolg?

Sofia Portanet Da ist noch viel Luft nach oben, was das Finanzielle betrifft. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit meiner Musik Erfolg haben würde, auch in dieser Hinsicht. Wer will das nicht? Das ist doch gesund und legitim zu sagen, klar will ich mit meiner Musik, die ich liebe und die mich erfüllt, Erfolg haben! Ich möchte Menschen mit meiner Musik verzaubern, bewegen und ihnen im besten Sinne einen Raum geben, in dem sie sich aufgehoben fühlen.

„Ich habe keine Genre-Limitierung, wenn ich etwas gut finde, bin ich dafür offen“

tipBerlin Verzaubern oder auch überraschen. Etwa mit der Wahl Ihrer musikalischen Partner. Das Klavierstück mit Gonzales passt gut ins Konzept, aber dass sie mit den Thrash-Metal-Veteranen von Kreator gearbeitet haben, war doch überraschend. Wie kam es dazu?

Sofia Portanet Ich habe keine Genre-Limitierung, wenn ich etwas gut finde, bin ich dafür offen. Bei Kreator war das Zufall, auch weil ich mich mit Metal nicht auskenne. Aber als meine Platte rauskam, begann der Kreator-Gitarrist und Sänger Mille Petrozza die Sachen auf Social Media zu teilen und hat auch was gepostet. Er war Fan. Ein Freund machte mich darauf aufmerksam und ich dachte, krass, was für eine Energie und unerschöpfliche Kreativität. Dann haben wir uns in Berlin getroffen und Mille fragte mich, ob ich bei einem Song nicht mitwirken will. Nicht nur singen sondern auch schreiben. Das war eine sehr gute Zusammenarbeit und ich werde auch mit Kreator auf der Bühne stehen, aber eine Metal-Platte werde ich selbst nicht machen und bei dem Konzert im Lido wird es um meine Musik gehen.

  • Lido Cuvrystr. 7, Kreuzberg, Do 8.12., 20 Uhr, VVK 24 €, Tickets hier

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