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„tracks & talk“ mit Kat Frankie: „Ich mag einfach traurige Lieder“

Die australische Singer-Songwriterin Kat Frankie eröffnete die neue Veranstaltungsreihe von tipBerlin und Teufel: Das Musik- und Gesprächsformat „tracks & talk“. Ein Rückblick.

Kat Frankie bei "tracks & talk". Foto Lisa Levkic
Kat Frankie bei „tracks & talk“. Foto Lisa Levkic

Kat Frankie spielt zum Auftakt mit einer Gitarre von Olli Schulz

Das RAW-Gelände in Friedrichshain glänzte nach dem spätsommerlichen Gewitter, es war (noch) ruhig am Abend, die Partyhorden tauchen hier erst später in der Nacht auf und ziehen ins Cassiopeia, Astra oder den Suicide Circus. Das schicke Ausbildungsinstitut für die Kreativbranche BIMM liegt versteckt zwischen Haubentaucher und Skatehalle. Im hauseigenem Konzertraum startete dort am 8. September „tracks & talk“, die neue Veranstaltungsreihe von tipBerlin und Teufel, dem Berliner Audio-Spezialisten, der vor allem für seine hochklassigen Lautsprecher bekannt ist.

Die persönliche Begegnung mit einer Musikerin oder einem Musiker ist das Konzept von „tracks & talk“. In intimer Atmosphäre wechseln sich ein Minikonzert und ein Gespräch über Arbeit, Leben und alles andere ab. Alles virtuell im Live-Stream und interaktiv. Etwas Musik, dazwischen Geschichten und als Clou können aus dem Publikum über die Chatfunktion des Streams Fragen an den Star des Abends gestellt werden. Zum Auftakt der Reihe erschien Kat Frankie in orangener Cordhose und orangenem Leinensakko. Im Gepäck hatte sie eine edle akustische Gitarre, die einst Olli Schulz gehörte, ein mittelgroßes Arsenal an Effektgeräten, allem voran die Loop-Station, mit der sie in ihrer Anfangszeit Songs komponierte, und einen Sack voll Geschichten.

Ein Gast konterte im Chat: „Let’s get sad together“

Seit 2004 lebt die in Sydney geborene Singer-Songwriterin in Berlin. Sie war damals 26, fand eine Wohnung am Schlesischen Tor, wunderte sich über die günstigen Mieten und dass die Krawalle am 1. Mai in Kreuzberg stets zu einer fest bestimmten Zeit begannen. Worüber ihr Song „Berlin Cops“ handelt, den sie nicht mehr mag, wie sie später am Abend erzählte. Viel mehr bedeutet ihr „The Saint“, der erste Song, den sie in Berlin schrieb und den sie mit dem lakonischen Satz ankündigte: „Ich bin nicht unbedingt traurig, aber ich mag einfach traurige Lieder“. Ein Gast konterte im Chat: „Let’s get sad together“.

Mit viel Leidenschaft, atmosphärischen und mit Effekten verfremdeten Gitarrentracks, die ihre sehr präsente Stimme unterstrichen, erschuf sie ganz allein eine starke Live-Atmosphäre, obwohl sie quasi ohne Publikum, zählt man die Techniker nicht dazu, auftrat. So folgten bei dem Stream-Minikonzert, das am Ende eine gute halbe Stunde dauern sollte, fünf weitere Songs, durchsetzt mit Erinnerungen und Anekdoten in den Pausen.

„Frauen Verlassen“ von ihrem 2012er-Album „Please Don’t Give Me What I Want“ kam als nächstes, ein Song mit deutschem Titel aber englischen Lyrics. Kat Frankie, die den gesamten Abend lang auf Englisch sang, aber auf Deutsch erzählte, gab zu, dass sie sich immer wieder an deutschen Lyrics versuchte, die Ergebnisse sie aber meist nicht zufriedenstellten. Nach „The Wrong Side of Midnight“ und „Back to Life” sang sie die jeweiligen Titelsongs ihrer beiden letzten Alben, dem eher poppigen „Bad Behaviour“ von 2018 und „Shiny Things“, das vor wenigen Wochen erschien und mit dem sie am 11. Oktober in Wien ihre Herbsttour startet, die am 28. Oktober in Berlin im Festsaal Kreuzberg den Abschluss finden soll.

tip-Musikredakteur Jacek Slaski und Kat Frankie bei der Frage-und-Antwort-Runde bei, ersten "tracks & talk". Foto: Lisa Levkic
tip-Musikredakteur Jacek Slaski und Kat Frankie bei der Frage-und-Antwort-Runde bei, ersten „tracks & talk“. Foto: Lisa Levkic

Nach „Shiny Things“ legte Kat Frankie die Gitarre zur Seite, dann ging es über zum zweiten Teil der Veranstaltung, den Fragen aus dem Publikum. Fragen durfte man theoretisch alles, meist drehte es sich dann aber doch um Songs, Alben und Tourneen und einmal auch um die Effektgeräte. „Wird es eine Wiederaufnahme von „Bodies“ geben?“, wollte jemand wissen, die Frage zielte auf das A-cappella-Projekt von Frankie aus dem Jahr 2019 ab, das von der Pandemie gestoppt wurde. Ja, wird es, antwortete Frankie und erinnerte sich an die tiefe Traurigkeit, die sie gespürt hatte, als sie für lange Zeit nicht mehr auf Bühnen singen konnte.

„Mit welchen Künstlern oder Künstlerinnen hast Du besonders gern zusammengearbeitet?“, fragte jemand anders. Wer sich mit dem Werk von Kat Frankie auskennt, weiß, dass sie seit der Anfangszeit in Berlin gut in der Szene vernetzt ist und neben dem Kölner Musiker Chris Klopfer und dem Songwriter Olli Schulz mit ungezählten anderen Musikern und Musikerinnen gearbeitet hat. Gerne aber erinnere sie sich an gemeinsame Auftritte mit Konstantin Gropper, besser bekannt als Get Well Soon, mit dem sie in einer Hamburger Kirche sang.

„Welches Weltproblem würdest Du lösen, wenn du könntest?“

Dann wurde es politisch. „Welches Weltproblem würdest Du lösen, wenn du könntest?“, eine Frage mit Gewicht, die auch eine gewichtige Antwort erhielt: „Den Kapitalismus abschaffen, denn er ist die Mutter aller Probleme, dann würden sich die anderen Dinge regeln, wenn wir in einer fairen und gerechten Welt leben würden. Ohne Profitgier wäre wohl auch die Natur nicht in der Weise bedroht, wie sie es ist“, gab Frankie zu bedenken.

Zum Abschluss tauchte noch die universelle Frage auf, ob es eine Frage gäbe, die sie gerne mal gestellt bekommen würde. Kat Frankie lachte und sagte: „Mich wundert ja immer, dass ich als Musikerin so viele Fragen beantworten muss, alle Menschen sind doch interessant“, sagte sie. Das stimmt wohl, aber wenige können so gut erzählen und noch viel besser singen, als Kat Frankie.


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