Deutsch Amerikanische Freundschaft

Nachruf auf Gabi Delgado

Wäre man bösartig, wäre man hässlich, und das hätte dem geliebten Dahingeschiedenen, dem alten Punk wahrscheinlich sogar gefallen, dann könnte man Gabi Delgado-López auch unterstellen, er wird als One-Hit-Wonder in die Geschichte der populären Musik eingehen.

Foto: imago images / Votos-Roland Owsnitzki

Nicht, dass Delgado mit seiner langjährigen, immer mal wieder aufgelösten und dann doch wiedervereinigten Band Deutsch Amerikanische Freundschaft (DAF) nicht jede Menge Hits hatte, angefangen von „Der Mussolini“, über „Der Räuber und der Prinz“ bis zu „Kebabträume“. Nein, DAF waren – das wird hierzulande gerne vergessen – sowohl kommerziell wie künstlerisch auch international eine der erfolgreichsten deutschen Bands. Aber eigentlich haben Delgado und sein DAF-Partner Robert Görl, wenn man ehrlich und eben ein wenig hässlich ist, doch immer nur den einen selben Song gemacht: ein monoton pumpender Sex-Beat, ein paar dünne Synthesizer-Töne und darüber Delgado, der seine repetitiven, eher sloganartigen als lyrischen Texte bellt.

Mit dieser in Töne gegossenen Minimal Art, die zwar hochinfektiös, aber damals, in den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren, auch unglaublich verstörend wirkte, nahmen DAF ein halbes Dutzend Popmusik-Genres und -Trends vorweg. Der überzeugte Autodidakt Delgado und der studierte Schlagzeuger Görl standen an der Wiege von Industrial, Electronic Body Music (EBM), Techno und EDM, während sie mit einer strengen Ästhetisierung, die mit faschistischer Symbolik spielte, stilisierter Körperinszenierung und programmatischen Tabubrüchen schon Geschlechtergrenzen und sexuelle Identitäten auflösten, lange bevor jemand den Kampfbegriff Gender richtig buchstabieren konnte.

Damit und vor allem mit dem damit einhergehenden Humor waren DAF selbst in der marginalisierten Düsseldorfer Punkszene eine Ausnahmeerscheinung, doppelte Außenseiter sozusagen. Trotzdem war Delgado fest integriert in die Szene um den legendären Ratinger Hof, war Mitherausgeber des prägenden Fanzines „The Ostrich“, spielte kurzzeitig in Bands, aus denen später die Fehlfarben werden sollten, und gab schließlich mit dem DAF-Song „Verschwende Deine Jugend“ dem Buch von Jürgen Teipel, der dieser Szene ein Denkmal setzte, den Titel. Doch als in Deutschland die Punkrevolution zur kommerzialisierten Neuen Deutschen Welle verkam, hatten sich DAF schon nach London aufgemacht und einen schicken Plattenvertrag unterschrieben. In den späten Achtzigerjahren zog Delgado nach Berlin, wurde DJ, organisierte House-Partys, produzierte Tracks, gründete Labels und war seiner Zeit mal wieder voraus.

Mit den Jahrzehnten hatte sich der in Spanien geborene und als Teenager nach Wuppertal gekommene Delgado vom geschickten Provokateur zum Elder Statesmen entwickelt. Während die Weggefährten von einst aus der Form gerieten und verzweifelt an Stachelfrisuren und Lederjacken festhielten, erschien der mittlerweile wieder vornehmlich in Spanien lebende Delgado gelegentlich in Deutschland, trug schillernde Anzüge und gab freundlich verplauderte Interviews. Zusammen mit Görl ließ er immer mal wieder DAF aufleben, tanzte noch mal den Mussolini und bewies jedes Mal, dass diese mitunter als Marschmusik mit S/M-Fantasien geschmähte Musik nicht nur zeitlos, sondern sogar immer modern geblieben ist.

Am 22. März ist Gabi Delgado-López in den Pop-Olymp eingegangen, das teilte sein DAF-Partner Robert Görl mit. Die Todesursache ist bislang nicht bekannt. Er wurde 61 Jahre alt.

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