Rodeo, Alk & Staub: Ryan Bingham verkörpert wie keiner sonst den Westernmythos
Als Ryan Bingham seinen Arsch rettete, indem er Songschreiber wurde, warf er ein schweres Gewicht in den Ring: Authentizität. Was er trotz seiner jungen Jahre bereits durchgemacht hatte, vom Knochenjob als Rodeoreiter über die zerschlagene Alkfamilie bis hin zum Leben auf der Straße mit allen Begleiterscheinungen, packte er in ungekünstelte Songs. Sein Debüt „Mescalito“ von 2007 klang mit jedem Ton nach TexMex-Staub. Da war Bingham gerade mal 26 Jahre alt.
Vorbilder wie Billy Joe Shaver, Joe Ely und Guy Clark nahm man zwar gerne zur Kenntnis, aber der einzigartige Raspelklang seiner Stimme kam ganz gut auch ohne Referenzen aus. Es folgte eine solide, von manchen gar beneidete Karriere mit einem Oscar, Grammy und Golden Globe für den Song „The Weary Kind“ aus dem Drama „Crazy Heart“ (2009) mit Hauptdarsteller Jeff Bridges.
Bingham lieferte weiterhin gute bis sehr gute Alben, wobei vor allem „Tomorrowland“ 2012 auch den Rocker in ihm zeigte. Dieses Jahr hat Ryan Bingham sich mit Kumpan Charlie Sexton (Bob-Dylan-Gitarrist) und dem neuesten Werk „American Love Song“ vom Geschichtenerzähler zum großen Kümmerer entwickelt, kommentiert energiegeladen und zwischen Country, Blues, Folk und Rock changierend ein bisschen wohlfeil die politischen Verhältnisse mit Donald Trump als leichtem Ziel: „The president shits upon a nation, ridin’ on the back of a poor man.“ Dabei liegen Binghams große Stärken eigentlich in den Geschichten, die sein weiches Herz unter der rauen Schale nur zu gut kennt.
Heimathafen Karl-Marx-Str. 141, Neukölln, Mo 29.4., 21 Uhr, VVK 30 €