• Kultur
  • 12 tolle Audiowalks – spazierend Berliner Geschichte(n) erleben

Berlin erkunden

12 tolle Audiowalks – spazierend Berliner Geschichte(n) erleben

Museen haben geschlossen, Stadtführungen finden nicht statt, das Leben dümpelt vor sich hin. Damit die Decke nicht auf den Kopf fällt, bieten sich Spaziergänge bestens an. Und noch besser ist es, wenn sich der Spaziergang gleich mit Unterhaltung oder etwas Bildung vermischt. Wir haben euch eine Auswahl an Audiowalks zusammengestellt, die euch Berliner Orte noch einmal anders näherbringen.

Die Handhabe ist bei den meisten denkbar einfach: Die Website aufrufen, den Audiowalk als Datei runterladen und am entsprechenden Startort abspielen. Manche setzen auf eigene Apps, andere lassen sich im Zwischenspeicher hinterlegen – sofern das Datenvolumen mitmacht. Eine entsprechende Info findet sich jeweils bei den Beschreibungen.


„Arbeiter, Alpen und Attrappen“: Audiowalk zur Gewerbeausstellung im Treptower Park 1896

Die Sternwarte ist das einzige Relikt der Gewerbeausstellung 1896 im Treptower Park. Foto: Imago Images/POP-EYE

Die Gewerbeausstellung im Jahr 1896 ist ein vergessenes Stück Berliner Geschichte. Was primär eine Leistungsschau der damaligen Reichshauptstadt war, eiferte mit seinen nationalistischen und imperialistischen Tendenzen dem Gestus einer Weltausstellung nach. Es gab künstliche Alpenlandschaften und nachgebaute Dörfer aus den Kolonien, nebst Einwohner*innen – die Völkerschau. Heute weist nur noch die Sternwarte auf diese Ausstellung hin.

Im Audiowalk „Arbeiter, Alpen und Attrappen“ von Caroline Böttcher folgt man drei Protagonist*innen durch die damalige Ausstellung. Triggerwarnung: Im szenischen Hörspiel wird zeitgenössische Sprache verwendet, die aus heutiger Sicht rassistisch ist. Die Ansichten der Figuren sollen die Gedankenwelt des deutschen Reiches um 1900 widerspiegeln.

Die Tour lässt sich entweder über Guidemate abrufen oder im Vorfeld herunterladen. Auf der Website gibt es weitere Informationen, Karten und Hintergründe.


„Zurückerzählt“: Die Geschichte der Völkerschau am Karpfenteich

Der Karpfenteich im Treptower Park war nicht immer so idyllisch. Foto: Imago Images/Schöning

Ein Teil der Gewerbeausstellung im Treptower Park war die Kolonialausstellung bzw. Völkerschau am Karpfenteich. Hierfür wurden Dörfer aus den deutschen Kolonien „originalgetreu“ nachgebaut und insgesamt 106 Einwohner*innen der Gebiete „angeworben“. Sie mussten den Besucher*innen alltägliches Leben aus dem Blickwinkel ihrer Kolonialherren vorspielen. Zudem wurden sie pseudowissenschaftlichen Studien unterzogen.

Drei von ihnen starben während der Ausstellungsdauer. Das Leben der Darsteller*innen war aber nicht nur von Unterdrückung, sondern auch von subtilen Akten des Widerstandes bis hin zu kollektiver Verweigerung geprägt. Im Audiowalk „zurückERZÄHLT“ werden ihre Geschichten an den Ort des Geschehens zurückgetragen.

Das Stück ist auf der Website via Soundcloud verfügbar und kann entweder gestreamt oder im Vorfeld heruntergeladen werden.


„Stimmen vom Bahnhof Zoo“: Hörspaziergang zu Armut und Obdachlosigkeit

Geschichtsträchtige Begegnungsstätte, nicht nur für Reisende: Der Bahnhof Zoo. Foto: Imago images/Rolf Kremming

Nicht, dass die prekäre Lebenswelt der Obdachlosen am Zoologischen Garten nicht bekannt wäre, aber – dieser vom Verein Querstadtein produzierte Audiowalk lässt in knapp 80 Minuten vier Protagonist*innen von ihrem Leben auf der Straße erzählen. Vom Zoo bis zur Uhlandstraße erfahren wir über ihren Alltag, über ihre Nöte und ihre Träumen von einem anderen Leben. Dazu berichtet der Leiter der Bahnhofsmission am Zoo von seiner Arbeit mit obdachlosen Menschen.

Gerade in Zeiten einer Pandemie liefert diese Tour wichtige Einblicke in die Realität derer, die besonders verletzlich sind – und stets übersehen werden.

Die Tour kann auf der Website des querstadtein e.V. gebucht werden und läuft nach Eingabe des Codes über eine eigene Webanwendung. Eine App wird dafür nicht benötigt, das Streamen der Datei verbraucht aber ca. 100 MB Datenvolumen.


„Kudamm31“: Pogromgeschichte anhand eines Audiowalks

Der Kurfürstendamm in den 1950ern, geschäftig, als ob nie etwas gewesen wäre. Foto: Imago Images/Everett Collection

Am 12. September 1931 brach sich der bereits lange schwelende Antisemetismus in Berlin gewaltsam frei. Was mit Hungersrufen einiger junger Männer begann, endete im orchestrierten Pogrom von bis zu 1000 Mitgliedern der SA. Die Gruppen griffen koordiniert jüdische Einrichtungen an und verprügelten Frauen und Männer, die sie für jüdisch hielten.

Der Audiowalk belebt einen Teil vergessener Geschichte, lässt einen Historiker und einen Zeitzeugen zu Wort kommen, verliest Details aus Prozessakten und gibt Ausblick auf das jüdische Leben im Berlin der Gegenwart.

Auf der Infoseite des Audiowalks gibt es mehr geschichtliche Details, Hörproben sowie Infos zum Projekt. Anhören lässt es sich über die App von Radio Aporee.


„Hörspaziergang Friedrichshain“: Von Prunkbauten und Wohnprojekten

Blick auf das Frankfurter Tor mit seinen Arbeiterpalästen. Foto: Imago Images/Westend61

Friedrichshain ist gleichermaßen Punk wie Gentrifierungshotspot. Hier finden sich mit die letzten noch besetzten Häuser und die Arbeiterpaläste der einstigen sozialistischen Prunkallee. Der Audiowalk setzt sich mit der lebhaften Geschichte des Viertels auseinander. Hier wird von Cafés erzählt, die die Wende überlebt haben, blickt in Hinterhöfe und befragt Urgesteine.

Das Hörspiel ist über die App der Betreiber*innen von Stadt im Ohr oder über die App Guidemate verfügbar und nimmt ca. 150 Minuten in Anspruch.


„50 Aktenkilometer“: Hörspiel auf den Spuren der Stasi

Nur einer von vielen Aktenvermerken: Die Station Friedrichstraße Foto: Imago Images/Westend61

Der Einfluss des Ministeriums für Staatssicherheit, bekannt als Stasi, war omnipräsent. Und so mutet die Schnitzeljagd dieses Audiowalks auch an. Mehr als 100 „akustische Blasen“ liefert das Projekt des Rimini-Protokolls. Betroffene lesen erstmals die über sie angelegten Akten, empfinden Observationen nach, erinnern sich an das Gefühl der Beobachtung. Dazu gibt es teils Originaltöne aus den Archiven.

Die Macher*innen sichteten selbst zahllose Stasi-Akten und begleiteten Opfer des Geheimdienstes bei der allzu bürokratischen Beantragung zur Akteneinsicht und dem letztlichen Sichten dieser Paralleltagebücher.

Mehr Infos zum Hörspiel gibt es hier. Anhören lässt es sich über die App von Radio Aporee.


„Große Geste Weiße Welt“: Kritisch das Stadtschloss umrunden

Noch im Bau, aber bereits viel zu erzählen: Das Humboldt-Forum Foto: Imago Images/CHROMORANGE

Noch ists nicht ganz fertig, aber drumherum spazieren und sich darüber streiten, das funktioniert bereits ganz gut beim Berliner Stadtschloss. Deutschlandfunk Kultur bietet anhand dieses Audiowalks eine kritische Auseinandersetzung mit dem Erbe und den Inhalten des Humboldt-Forums. Der Spaziergang beginnt mit einer Auseinandersetzung über die Leerstelle inmitten der Stadt, die nun gefüllt ist.

Desweiteren befasst sich das Stück mit der Problematik von ethnologischen Ausstellungen und Raubkunst, lässt Nachfahren der Hereros und Nama ebenso sprechen wie den Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Und schließt mit dem Plädoyer der Stadtforschering Noa K. Ha – in logischer Konsequenz müsse das Schloss wieder abgerissen werden.

Mehr Infos zum Hörspiel gibt es hier. Anhören lässt es sich über die App von Radio Aporee.


„The Politics of Public Space“: Wem gehört die Stadt?

Die Admiralbrücke: Gehört sie Nachtschwärmern oder Anwohnerinnen? Foto: Imago Images/Westend61

Städte leben vom öffentlichen Raum. Erst die Öffentlichkeit gibt einer Stadt überhaupt so etwas wie Leben. Nur wem gehört dieser Raum, wem gehört die Stadt? Und, viel wichtiger: Wie verändert etwas wie COVID-19 das Erleben einer Stadt? Jede Einschränkung, jede neue Regel führt dazu, dass wir uns neu orientieren müssen. Und wirft Fragen dazu auf, was uns vom öffentlichen Leben noch bleibt.

Das Poligonal Office for Urban Communication Berlin will dieser Frage mittels ihres Audiowalks auf den Grund gehen. An verschiedenen Stationen sprechen u.A. Urbanist*innen, Architekt*innen, Stadtplaner*innen und Soziolog*innen über ihre eigene Haltung oder lesen klassische Texte zum Thema.

Die Seite des Audiowalks mit mehr Infos über das Projekt findet sich hier. Das Stück selbst ist über die App Echoes – Interactive Sound Walks zu hören.


„Ihr letzter Weg“: Deportationsgeschichte in Moabit

Das Krankenhaus Moabit war Ort zahlreicher Widerstandshandlungen. Foto: Imago Images/imagebroker

Bis zu 55.000 Menschen wurden während des Holocaust aus Berlin in Konzentrationslager deportiert. Einer der unrühmlichen Umschlagplätze war der Güterbahnhof Moabit, der damals als größter Deportationsbahnhof betrieben wurde. Während des Audiowalks laufen wir die zwei Kilometer Strecke zwischen der zum Sammellager missbrauchten Synagoge im Viertel und dem Bahnhof.

Im Verlauf von etwa 75 Minuten liefert der Spaziergang Infos zu Einzelschicksalen, zu bedeutenden Orten, besonderen Ereignissen und fasst die Situation der Juden zusammen. „Ihr letzter Weg“ wurde von einem gleichnamigen Zusammenschluss produziert, der sich für eine tiefere Auseinandersetzung mit den Auswüchsen des Holocaust einsetzt – exemplarisch am Beispiel des Weges in Moabit.

Auf der Website des Projekts gibt es umfangreiches Infomaterial und die Möglichkeit, die Stationen auch einzeln nachzulesen. Das Hörstück selbst ist über die Seite im Browser zu hören, im Ganzen oder in einzelnen Episoden dazu zum Download bereitgestellt.


„(Ton-)Spuren der Gewalt“: Ein Audiowalk zum SA-Terror in Köpenick

Köpenick ist idyllisch gelegen, die blutige Vergangenheit des Viertels aber wird im Audiowalk erzählt. Foto: imago images/F. Berger

1933 wurde die SPD durch die Nationalsozialisten verboten. Im Anschluss kam es in Köpenick zu einer Verhaftungs- und Terrorwelle durch die SA. SPD-Mitglieder, Juden und andere dem Regime unliebsame Personen wurden verschleppt, verhört, gefoltert. Die Notwehr eines Opfers ließ die Gewaltspirale eskalieren, mindestens 24 Menschen starben innerhalb der „Köpenicker Blutwoche“.

Auf 16 Stationen kommen Angehörige der Opfer zu Wort, dazu berichten Historiker*innen über den Terror des NS-Regimes in seinen frühen Jahren. Wohnorte von Opfern werden ebenso beleuchtet wie Tatorte und heutige Gedenkstätten.

Die 16 Episoden des Audiowalks lassen sich einzeln auf der Website der Stadt Berlin anhören. Interaktiver funktioniert es über die App von Radio Aporee. Ein Pdf mit mehr Infos gibt es hier zum Download.


„Der Tod in Venedig“: Frei nach Thomas Mann entlang der Spree

Nicht ganz Venedig, aber auch hier gibt es Gassen und Wasser: Das Nikolaiviertel. Foto: Imago Images/blickwinkel

Was soll man eigentlich treiben, wenn der PC langsam die Augen vereckt und Theater bis auf weiteres geschlossen sind? Das Künstler*innenkollektiv Raum+Zeit hat sich der Lektüre von Thomas Manns „Tod in Venedig“ angenommen und transferiert das Geschehen des alten Venedigs in eine verseuchte Gesellschaft des aktuellen Berlins. Entlang der Spree folgen wir dem modernisierten Gustav von Aschenbach, die Geschichte verschmilzt mit der Neuzeit.

Das Hörstück lässt sich über die Website des Künstler*innenkollektivs herunterladen und auf dem Smartphone speichern. Der Spaziergang nimmt ca. 35 Minuten in Anspruch und startet im Nikolaiviertel.


„Körper, Zeit, Bewegung“: Selbstreflexion anhand des Audiowalks

Bewegungen erforschen im Hauptbahnhof Berlin. Foto: Imago Images/Science Photo Library

Was ist Bewegung? Wie nehmen wir sie wahr, wie andere? Wie beeinflusst unsere Bewegung andere, wie umgekehrt? Das Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität Berlin setzt nicht unbedingt auf Beantwortung dieser Fragen, sondern auf Selbstreflexion: Wir sollen uns im Laufe dieses Audiowalks selbst beobachten, Antworten an den Orten suchen.

Das interdisziplinäre Projekt verbindet Fragen und Perspektiven aus Architektur, Biologie, Medizin, Philosophie, Kunst- und Kulturwissenschaft. Eine kritische Auseinandersetzung über Wahrnehmungen und Wissen im öffentlichen Raum.

Auf der Webseite des Instituts lassen sich die Audiodatei und eine Karte mit den einzelnen Stationen herunterladen. Da ein Teil des Walks über den Charité-Campus verläuft, sind die Öffnungszeiten Campus Nord sowie des Centrum für Anatomie zu beachten: Mo-Sa, 8-20 Uhr – Abweichungen wegen des Pandemieverlaufs sind möglich.


Mehr Wege durch Berlin

Auch still lässt sich die Stadt erkunden: Wir bieten euch 12 Spaziergangsrouten durch Stadt und Wald. Von oben gibts gleich mehr Überblick: 12 Aussichtspunkte über Berlin. Sehr wasserlastig: Unsere Auswahl an Flaniermeilen und Entspannungsorten. Auch stets lohnenswert: Unser Überblick über Sehenswürdigkeiten in der Stadt.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin