Mit der Ausstellung „1910: Brücke. Kunst und Leben“ thematisiert das Brücke-Museum die Zeit der Künstlergruppe in Dresden und ihre Ausflüge an die Moritzburger Teiche. Die Ausstellung läuft bis zum 28. August, unsere Autorin hat die bemerkenswerten Fundstücke gesehen.
Die Brücke: Kleine Höhepunkte aus dem Museums-Depot
Eine Postkarte am Eingang der Ausstellung zeigt einen grob skizzierten Mann, der eine leuchtend farbige Ananas anschneidet. „Ich finde die Postkarten besonders charmant“, sagt Lisa Marei Schmidt, Direktorin des Brücke-Museums und Kuratorin der neuen Ausstellung. „Es sind zwar Skizzen, aber zum Teil sehr aufwändig produziert“, erklärt sie die Postkarten, welche die Mitglieder der Künstlergruppe Brücke gestalteten und sich gegenseitig oder an Freunde schickten. Für die Ausstellung „1910: Brücke. Kunst und Leben“ holte Schmidt sie aus dem Depot.
„1910: Brücke. Kunst und Leben“ zeigt eine prägende Schaffensphase
Die Ausstellung ist der zweite Teil einer Reihe über prägende Phasen der Brücke: Vor vier Jahren war „1913: Die Brücke und Berlin“ zu sehen, für übernächstes Jahr ist „1905: Der Beginn“ geplant. Zu der Künstlergruppe, die sich in Dresden gründete, gehörten Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Mueller, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff.
Mit 150 Stücken aus der hauseigenen Sammlung begegnet den Besuchenden hier der künstlerischen Höhepunkt der Brücke, inklusive Materialien zu Schmidt-Rottluffs Zeit an der Nordsee, zahlreichen Besuchen im Varieté und zu der Ausstellung in der Galerie Arnold, die der Brücke 1910 zum Durchbruch verhalf.
Ein Merkmal jenes Jahrs ist die enge Zusammenarbeit der Künstler, die ebenfalls über die Postkarten zum Ausdruck kommt. Sie zeugen von regem Austausch und hoher Produktivität. „Ihre ganze künstlerische Bandbreite findet sich auf diesen Postkarten wieder: Holzschnitte, Druckgrafiken, Bleistiftzeichnungen, Tusche”, sagt Schmidt. „Es waren auch Experimentierorte, bei denen man zeigen konnte, woran man gerade arbeitete.“
Das Gruppengefühl spiegelt sich ebenfalls im Ausflug zu den Moritzburger Teichen nördlich von Dresden. Schmidt fiel auf, wie sehr die Künstler in einem gemeinsamen Stil malten: Die Bilder sind kaum voneinander zu unterscheiden. Bei den Motiven rund um die Moritzburger Teiche kann man versuchen zu erkennen, aus wessen Hand welches Bild stammt.
Leben im Moment der Bewegung
Lisa Marei Schmidt will die Maler im historischen Kontext präsentieren und verdeutlichen, „wie radikal neu die Kunst in ihrer Zeit war.“ Es geht um den Bruch mit dem vorherrschenden, akademisch vermittelten Kunstgeschmack sowie dem Ausbruch aus der bürgerlichen Enge und Starre. Das zeigt sich in den Themen genauso wie in der Malweise. Die Motive richten sich auf das Unverfälschte, das Ursprüngliche, die Natur, den Akt sowie auf Freiheit und ein Leben, das im Moment der Bewegung sichtbar wird. Gemalt wurde spontan, intuitiv und schnell, um Eindrücke unvermittelt wiederzugeben. Die Künstler waren Autodidakten, junge Männer, die mit ihrer expressionistischen Sichtweise zu einer neuen Kunstbewegung beitrugen.
Eine Wand dient dazu, der DNA der Brücke auf die Spur zu kommen. Was macht ihre Kunst aus – hinsichtlich Farben, Formen, Linien? Und um Besucher besser in das Jahr 1910 eintauchen lassen, sind die Wände mit Anzeigen und Fakten gespickt: „1l Vollmilch 18 Pf“, ist beispielsweise zu lesen. Dabei vermisst man eine Notiz darüber, welche Kostbarkeit die eingangs abgebildete Ananas damals darstellte und wie es zu der Postkarte kam. Die exotische Frucht war das Weihnachtsgeschenk eines Förderers für die Gruppe – und ein wahres Highlight. Die Karte „Ananas-Esser“ schuf Erich Heckel und drückte auf ihr seinen Dank aus.
- Brücke-Museum Bussardsteig 9, Dahlem, Mi–Mo 11–17 Uhr, 6/4 €, bis 18 Jahre frei, bis 28.8.2022, mehr Infos online
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